Ob Tesla sein ehrgeiziges Ziel von mindestens 500.000 Elektroauto-Auslieferungen in 2020 erreicht hat, wird sich erst in einigen Tagen zeigen. Die Erfolgsbilanz von SpaceX als dem zweiten Hauptunternehmen von Tesla-CEO Elon Musk für das zurückliegende Jahr lässt sich aber schon ziehen: Musks Raumfahrt-Firma startete 26 operationelle Flüge in den erdnahen Weltraum, so viele wie nie zuvor. Keine der eingesetzten Falcon-Raketen scheiterte beim Start oder Abliefern ihrer Nutzlast. 25 Landungen zum Zweck der Wiederverwendung wurden versucht, 23 davon gelangen. Und zum ersten Mal brachte SpaceX auch Menschen in den Weltraum.
Satelliten für Spionage und Internet
Unter den Nutzlasten waren Satelliten illustrer Kunden wie der Militär-Nachrichtendienst der USA (NRO), das europäisch/amerikanische Sentinel-Projekt zur Erd- und Klimabeobachtung sowie GPS-Navigationssatelliten. 14-mal transportierte SpaceX zudem eigene Satelliten für den Internet-Dienst Starlink in niedrige Umlaufbahnen. Insgesamt umkreisen jetzt gut 900 davon die Erde und sollen bald schnelle Vernetzung überall auf der Welt und vor allem in unterversorgten Regionen ermöglichen. Erste Beta-Tests in Nordamerika laufen.
Zu den Höhepunkten unter den 26 SpaceX-Missionen des Jahres 2020 zählten die Flüge der Dragon-Kapsel. Zweimal, am 7. März und am 6. Dezember, flog die Dragon als unbemannter Versorgungsfrachter zur Internationalen Raumstation ISS. Und am 30. Mai 2020 nahmen erstmals zwei Astronauten in Elon Musks Dragon-Kapsel Platz. Nach 19 Stunden Flugzeit erreichten sie die ISS und kehrten dann nach einem mehrwöchigen Aufenthalt sicher zur Erde zurück.
Neun Jahre lang, nach dem letzten Space Shuttle-Start 2011, konnten NASA-Astronauten ausschließlich mit der russischen Sojus mitfliegen. Nun hat Elon Musk für die USA wieder einen eigenen bemannten Zugang zum Weltraum geschaffen – und dabei noch den alteingesessenen US-Konzern Boeing geschlagen, der bei der Entwicklung seiner bemannten Kapsel Starliner massive Verzögerungen erlitt und frühestens 2021 Astronauten zur ISS bringen wird. In der Zwischenzeit feierte SpaceX Mitte November schon seinen zweiten bemannten Dragon-Start. Nun flog die reguläre Zahl von vier Astronauten zur ISS.
Beim nächsten Mal soll die Dragon im März 2021 als Crew-Taxi eingesetzt werden und dann erstmals auf einer wiederverwendeten Falcon-Rakete starten. So kann Musk den Transport eines Astronauten für geschätzte 55 Millionen Dollar anbieten, während man bei Boeing und bei der russischen Sojus von rund 90 Millionen ausgeht.
Langfristiges Ziel des Unternehmers mit SpaceX ist aber seit jeher der Planet Mars – auf Dauer will er auch seinen mit Tesla erzielten Reichtum dafür einsetzen. Dafür arbeitet SpaceX seit vielen Jahren an Konzepten und Prototypen für ein gigantisches Transportsystem, das mittlerweile Starship genannt wird. Nach kurzen Hüpfern im Spätsommer und einem 12-Kilometer-Flug von Starship SN8 am 9. Dezember, bei dem alles bis auf die Landung gelang, kann man auf die nächsten Testflüge gespannt sein. Und Starship SN9 scheint nach einem kleinen Unfall in der Produktionshalle wieder repariert zu sein; einen weiteren Test damit könnte es noch vor Jahresende geben.
2021 für SpaceX Starship- und Dragon-Jahr
Unabhängig davon wird 2021 mit Sicherheit ein Starship-Jahr. Zum ersten Mal könnte das Gesamtsystem fliegen. Der riesige, bisher noch nicht eingesetzte Booster „Super Heavy“ wird dann das Starship in den Erdorbit befördern. Dieses soll später mit bis zu 100 Menschen an Bord zu Mond und Mars fliegen, auf den Himmelskörpern landen und von dort wieder abheben und sicher zur Erde zurückkehren können.
Ebenso wird 2021 erneut viel von Dragon-Missionen zur ISS zu hören, zu sehen und zu lesen sein. Voraussichtlich startet die SpaceX-Kapsel dreimal unbemannt zum Frachttransport und zweimal als Astronauten-Taxi für die NASA. Im Herbst 2021 könnte es zudem eine rein touristische Mission für das Unternehmen Axiom Space geben. Seit dem Frühjahr gibt es dazu Gerüchte, dass neben einem israelischen Unternehmer und Weltraumtouristen der Hollywood-Star Tom Cruise und der Regisseur Doug Liman für einen ersten echten Weltraumfilm an Bord sein werden.