Für aktuelle Model 3 und Model Y aus China hat Tesla Ende 2021 erneut einige kleinere Neuerungen eingeführt. Dazu zählt unter anderem ein anderer 12-Volt-Akku für das Bordnetz, der jetzt wie bei Model S und Model X aus Lithium-Ionen-Zellen besteht. Eigentlich ist das eine Modernisierung, die zudem etwas Gewicht spart. Aber in Kombination mit dem kleinsten Fahrakku für das Model 3 scheint die Umstellung erhebliche Probleme zu machen. Aktualisierung: Tesla hat auf das Problem reagiert (s. ganz unten)
Akku-Probleme bei kleinstem Model 3
Nachdem die Tesla-Fabrik in China im Januar als dem ersten Monat des neuen Quartals wieder hauptsächlich Model 3 und Model Y für den Export produzierte, werden diese seit etwa Mitte Februar an europäische Kunden übergeben. Es sind also die ersten mit den Änderungen für 2022. Und wie der deutsche Tesla-Kenner @tesla_adri am Montag auf Twitter informierte, waren ihm zu diesem Zeitpunkt fünf Fälle von neuen Model 3 bekannt, bei denen die kleine Lithium-Ionen-Batterie ausfiel. Bis Dienstagmittag kamen in dem Forum Tesla Fahrer und Freunde (TFF) noch mindestens zwei solcher Meldungen hinzu.
Auslöser für die Probleme scheint nicht die neue 12-Volt-Batterie selbst zu sein, jedenfalls nicht direkt: Alle bislang gemeldeten Fälle betreffen nur das Model 3 mit dem kleinsten Fahrakku, bestehend aus LFP-Zellen von CATL, den es für das Model Y in Europa noch gar nicht gibt. In der Mehrzahl davon, erklärte @tesla_adri auf Nachfrage, war überraschend früh zunächst dieser Hauptakku leer, bevor dann der kleine für das Bordnetz und damit vorübergehend das gesamte Model 3 den Geist aufgab.
Know at least 5 cases myself.
This needs to be resolved fast. Not a good look if new owners have a dead car at the side of the road @elonmusk https://t.co/jNCS3Z277T— Tesla_Adri (@tesla_adri) February 28, 2022
Zum Beispiel zeigte er im TFF ein Bildschirm-Foto aus einem Model 3, dessen Akku-Stand noch mit 8 Prozent angezeigt wird. Trotzdem ist daneben schon groß die rote Meldung „Fahrzeug vorsichtig anhalten – Fahrzeug schaltet ab“ zu sehen (das Foto oben zeigt einen weiteren Fall aus dem TFF, dieser bei einem rumänischen Tesla-Fahrer). Als Nächstes, so berichtete ein anderes betroffenes TFF-Mitglied, das nach der Meldung auf den Standstreifen gefahren war, ging nach zehn Minuten das Licht aus und nach weiteren fünf Minuten auch die Warnblinkanlage. Tesla habe den ADAC geschickt, der das neue Model 3 dann abgeschleppt habe.
Auch eine Ursache für den frühen Ausfall wurde ihm nach eigenen Angaben von Tesla genannt: „ein noch nicht kalibrierter Akku“. Das bezieht sich auf den LFP-Akku zum Fahren und ist als Problem grundsätzlich bekannt, seit im Herbst 2020 die ersten Model 3 damit nach Europa kamen: Damals wunderten sich ihre Käufer über Sprünge in der Akku- oder Reichweiten-Anzeige, die erst nach mehrmaligem Aufladen weniger wurden. Auf die gleiche Weise scheint das Management-System von Tesla bei neuen Model 3 anfangs die Kapazität zu überschätzen, sodass sie leer sein können, obwohl noch einige Rest-Prozent oder -Kilometer angezeigt werden. Und ohne Strom in dem großen Akku kann auch die 12-Volt-Batterie nicht mehr nachgeladen werden, sodass sich wenig später das ganze Auto abschaltet.
Tesla reagiert mit SMS und Voreinstellung
Demzufolge wäre auch eine relativ einfache Abhilfe möglich. Laut @tesla_adri hat Tesla Anfang der Woche ein internes Memo verschickt, nach dem Mitarbeiter Kunden darauf hinweisen sollen, dass sie den Akku im kleinen Model 3 zur Kalibrierung so schnell wie möglich einmal auf 100 Prozent aufladen und vorher keineswegs bis auf weniger als 10 Prozent Rest fahren sollen. Am Dienstag trafen außerdem SMS ein, in denen Tesla Kunden dazu rät, „so schnell wie möglich einmal über Nacht auf 100% aufzuladen“. Alternativ könnte das Unternehmen wahrscheinlich selbst dafür sorgen, dass kein Model 3 mit LFP-Akku ohne vorherige volle Ladung an Besteller übergeben wird, aber das dürfte in der üblichen Auslieferungshektik schwierig werden.
Aktualisierung: Auch Tesla-CEO Elon Musk ist das Problem bekannt, wie er mit der späten Antwort „wird untersucht“ auf die Twitter-Nachricht von @tesla_adri erkennen ließ. Außerdem wurde laut einem Blog-Bericht in mindestens einem Model 3 in Kanada eine Meldung angezeigt, laut der Tesla das Ladelimit für dieses Fahrzeug auf 100 Prozent gesetzt hat, damit die Batterie beim nächsten Laden kalibriert wird. Der Besitzer wird darin aufgefordert, das möglichst bald zu machen und dabei abzuwarten, bis das Auto „charging complete“ meldet. Ein Software-Update war dafür offenbar nicht erforderlich.
Tesla kennt das Problem also und reagiert darauf. Allerdings lässt sich derzeit nicht ausschließen, dass die moderne Lithium-Ionen-Batterie für das Bordnetz noch andere Probleme bereitet. Bei zweien der ihm bekannten Fälle sei sie ausgefallen, als die Anzeige für den Fahrakku noch weit über den kritischen zehn Prozent stand, berichtete @tesla_adri teslamag.de Anfang der Woche weiter. Auch dabei habe es sich um Model 3 mit dem LFP-Akku gehandelt, was einen Zusammenhang nahelegt. Im TFF meldete unterdessen jedoch auch der Besitzer eines frisch abgeholten Model 3 Performance, einen Tag nach dem Aufladen des Fahrakkus aus 100 Prozent sei dessen 12-Volt-Batterie „platt“ gewesen.