Bild: Christian Senger, CEO der Einheit Car.Software (Foto: Volkswagen)
Beim deutschen Volkswagen-Konzern treibt der Vorstandvorsitzende Herbert Diess trotz interner Querelen den Umbau nach dem Vorbild Tesla weiter voran. Wie sich zunehmend zeigt, gibt es bei dieser Arbeit zusätzlich zu den firmenpolitischen auch mehr technologische Fronten als nur die Umstellung des Antriebs: Die Elektroautos von Tesla gelten ganz unabhängig davon als rollende Smartphones, was nur durch eigene Software und deren tiefe Integration möglich ist. Auch hier will Volkswagen jetzt nachziehen – und nach einem Bericht dabei sogar weiter gehen als Tesla.
Probleme bei Elektroauto-Start
Schon mit dem ID.3 als dem ersten Elektroauto auf Basis der neuen Konzern-Plattform MEB geht VW neue Wege. Die IT-Architektur soll statt einer Vielzahl einzelner Steuergeräte nur noch drei zentrale Rechner nutzen, die alle Funktionen bis hin zu automatisiertem Fahren bereitstellen. Aber dabei gibt es Probleme: Im Werk Zwickau wurden zwar schon tausende ID.3 physisch produziert, doch sie warten noch auf Software. Ungeduldige Vorbesteller können das VW-Elektroauto im September bekommen, aber dann müssen sie zur Nachrüstung von fehlenden Funktionen noch einmal in die Werkstatt.
Erst anschließend sollen sie eine Fähigkeit haben, die beim Vorreiter Tesla längst verfügbar ist: Software-Updates, die per Funk aufgespielt werden, auch als „over the air“ (OTA) bezeichnet. Und dass das bei Volkswagen trotz des versuchten entschlossenen Schritts ins Elektroauto-Zeitalter noch nicht funktioniert, könnte daran liegen, dass der Konzern Software-Entwicklung anders als Tesla bislang kaum selbst erledigt: Laut Christian Senger, CEO der bei VW eingerichteten Einheit Car.Software, liegt der VW-Eigenanteil derzeit bei nur 10 Prozent.
Tesla als Apple, VW als Google
Und nach den Erfahrungen mit dem ID.3 soll sich das jetzt grundlegend ändern. Bis 2025 wolle Volkswagen 60 Prozent der Software für Autos aus dem ganzen Konzern selbst schreiben, sagte Senger laut einer aktuellen Pressemitteilung. Seine Einheit werde in den nächsten fünf Jahren dafür 7 Milliarden Euro in ihre Arbeit investieren. Volkswagen wolle sich so „die Kontrolle über die komplette Fahrzeug-Architektur“ einschließlich Elektronik sichern – wie bei Tesla eben.
Ebenfalls wie bei Tesla (und auch anderen Auto-Herstellern) soll dabei das offene Betriebsystem Linux „eine tragende Rolle spielen“, berichtet die Wirtschaftswoche über die VW-Pläne. Und damit wolle Volkswagen weniger wie Apple und Tesla ein Betriebsystem nur für eigene Produkte entwickeln, sondern es „grundsätzlich“ auch anderen Auto-Herstellern zur Verfügung stellen – eher wie das Android-System von Google für Smartphones als wie Apples exklusives iOS also.
VW-Softwarefirma an der Börse?
Laut der Wirtschaftswoche soll das VW.OS (für das auch noch ein schickerer Name geplant ist) zunächst für die Elektroautos ID.3 und den SUV-Ableger ID.4 verwendet werden, ab 2022 auch für neue Elektro-Modelle von Porsche und Audi, ab 2025 für alle Neuwagen aus dem Konzern. Und perspektivisch solle aus der bislang internen Software-Einheit sogar eine eigene Aktiengesellschaft werden, die auch für externe Kunden arbeitet. So weit ist Tesla bislang nicht gegangen.