Mit dem Plaid-Antrieb für Model S und Model X führte Tesla seine ersten Elektroautos mit drei statt zuvor maximal zwei Motoren ein, doch das war nicht die einzige Innovation darin: Auch die Antriebseinheiten selbst sind neu entwickelt – laut CEO Elon Musk die ersten, die in Serie mit einer Kohlefaser-Hülle um den Rotor produziert werden, was unter anderem extrem hohe Drehzahlen ermöglicht. Diese Plaid-Motoren weckten laut einem deutschen Forscher großes Interesse im Rest der Auto-Industrie. Zusammen mit seinem Professor hat er sie sich deshalb näher angesehen.
„Sehr innovativer“ Tesla-Motor
Der Fachbeitrag von Maximilian Clauer und Andreas Binder von der Technischen Universität Darmstadt wurde vor kurzem veröffentlicht und trägt den Titel „Investigation of permanent synchronous machines with buried magnets and carbon fiber sleeve for automotive application“. Einen eigenen Tesla-Motor haben die Forscher dafür nicht physisch gebaut, wie Clauer teslamag.de erklärte. Stattdessen arbeiteten der wissenschaftliche Mitarbeiter und sein Institutsleiter Binder mit Simulationen auf der Grundlage eines vom Prinzip her gleichen Elektromotors.
Tesla sei mit dem Plaid-Motor „sehr innovativ“, und andere Auto-Hersteller hätten großes Interesse daran gezeigt, sagte Clauer teslamag.de. Nach seinem Wissen gebe es abseits von Kleinstherstellern noch kein Unternehmen, das so etwas in Serie produziert. Im Vergleich zu den besten Elektroauto-Antrieben konventioneller Bauart zeichnet sich der von Tesla durch im Rotor „vergrabene“ Permanentmagnete aus. Zur mechanischen Stabilisierung bei hohen Drehzahlen sind dafür normalerweise Eisen-Stege im Rotor erforderlich. Bei Tesla hält ihn stattdessen die Kohlefaser-Bandage zusammen.
Mit ihrem simulierten Motor kamen die Forscher so auf 270 Newtonmeter Drehmoment und eine maximale Drehzahl von 15.000 Umdrehungen pro Minute. Die echte Plaid-Einheit von Tesla ist laut Clauer doppelt so groß und deshalb noch leistungsfähiger. Bei der Übergabe der ersten Model S Plaid an Kunden im Juni 2021 (s. Foto oben) sagte CEO Musk, sie schaffe 20.000 Umdrehungen pro Minute „und vielleicht ein bisschen mehr“.
Plaid punktet mit Drehzahl-Plus
Der deutsche Forscher bestätigte diese Angabe. Konventionelle auf dem Markt zurzeit verfügbare Elektroauto-Motoren würden abhängig vom Rotor-Durchmesser auf 16.000-18.000 Umdrehungen pro Minute kommen. Für noch höhere Drehzahlen brauche es immer dickere Stege, die aber auf Kosten der elektromagnetischen Performance gehen.
Durch den Verzicht auf die Stege bei Tesla nimmt der magnetische Streufluss im Rotor ab, was positiv für die elektromagnetische Performance ist. Auf der anderen Seite wird die Kohlefaser-Bandage erforderlich, die den magnetisch wirksamen Abstand zwischen Rotor und Stator größer macht und somit die elektromagnetische Performance verschlechtert.
In Summe überwiegt allerdings der positive Effekt, erklärt Clauer. Insgesamt führten die Simulationen zu dem Ergebnis, dass der an die Tesla-Bauweise angelehnte Antrieb im Vergleich zu einem konventionellen Motor unter sonst gleichen Bedingungen eine 50 Prozent höhere Maximaldrehzahl, 8 Prozent mehr Leistung und ungefähr das gleiche maximale Drehmoment aufweist.
Die Plaid-Vorteile sind also offensichtlich. Als Schwäche wird in dem Paper zum einen das höhere Risiko einer dauerhaften Entmagnetisierung der Magnete im Rotor genannt, das bei der Auslegung des Motors berücksichtigt werden muss; laut Clauer lässt es sich aber in den Griff bekommen. Schwerer dürfte die Tatsache wiegen, dass Motoren mit Kohlefaser-Bandage deutlich aufwendiger zu produzieren und damit teurer sind.
Produktion mit deutscher Tesla-Technik
Nach Angaben des Forschers gibt es für Spezialanwendungen schon einige Antriebe, die eine solche Umhüllung einsetzen. Allerdings werden hier die Magnete auf der Rotor-Oberfläche befestigt und nicht wie bei der Plaid-Variante darin vergraben. Bei dieser Bauart wird der Rotor meist bei extrem niedrigen Temperaturen in eine fertige Karbonhülle gepresst, damit bei Raumtemperatur eine hohe Vorspannung herrscht. Tesla dagegen ließ seine deutsche Tochter Grohmann eine neuartige Maschine entwickeln, mit der die Kohlefasern unter extremer Vorspannung um den Rotor gewickelt werden, wie CEO Musk dazu berichtete.
Der Aufwand für die Produktion bleibt laut Clauer dennoch höher. Trotzdem geht er davon aus, dass andere Elektroauto-Hersteller zumindest im oberen Leistungsbereich mit Plaid-Motoren wie bei Tesla nachziehen werden.