Die Karriere von Chile Al100 als Tesla-YouTuber scheint mit einigen Volltreffern zu beginnen. Der Kanal ist noch recht neu und beschäftigte sich bis vor kurzem mit dem Nachtleben in Kolumbien, im Dezember aber sattelte er offenbar auf Tesla um. Bei einem Drohnen-Überflug über das Fabrik-Gelände in Fremont erwischte er dann zum einen einen neuen Cybertruck-Prototypen, der mit leicht veränderten Proportionen, Spiegeln und einem riesigen Scheibenwischer auffiel. Das interessierte vor allem Tesla-Fans in den USA, denn nur dort dürfte der Stahl-Pickup ausgeliefert werden. Aber Chile Al100 bekam auch ein Model S vor seine fliegende Kamera – und eine Beobachtung daran könnte für europäische Kunden von großer Bedeutung sein.
Tesla-Chef ignorierte CCS-Nachfragen
Denn die müssen erstens noch länger als Besteller in den USA auf das Model S warten. In diesem Januar wurde es aufgefrischt präsentiert und wird seit Juni in der Tesla-Heimat auch wieder ausgeliefert. Kunden in Europa dagegen teilte Tesla in dieser Woche mit, dass es wohl erst in der zweiten Jahreshälfte 2022 kommen wird und Neubestellungen aktuell nicht möglich sind. Zweitens war bislang nicht einmal klar, wie schnell das Model S in Europa laden kann, wenn es denn zu haben ist. In den USA sind es bis zu 250 Kilowatt am Supercharger. Aber die Buchse dafür ist so schlank, dass Tesla sie unter einem wegklappbaren Reflektor in der linken Heckleuchten-Einheit versteckt – für die größeren CCS-Stecker in Europa würde der Platz nicht ausreichen.
Also wurde befürchtet, wie bei bisherigen Model S und Model X würde man womöglich nur mittels einem Adapter an CCS-Säulen laden können, die in Europa Standard sind und auch an neuen Tesla-Superchargern fast ausschließlich verbaut werden. Das ist nicht nur etwas umständlich, sondern bedeutet zumindest bislang, dass Model S und Model X mit bestenfalls gut 140 Kilowatt laden können. Die Sorge, dass das trotz Auffrischung so bleiben könnte, wurde nicht kleiner, als CEO Elon Musk auf Twitter vielfache Twitter-Nachfragen zu dem Thema ignorierte.
Die in dieser Woche mitgeteilte Entscheidung, vorerst keine neuen Bestellungen von Model S und Model X außerhalb Nordamerikas zuzulassen, könnte als weitere Verzögerung angesehen werden. Vielleicht bedeutet sie aber auch einfach nur mehr Klarheit, denn schon vorher nannte Tesla auch frühen Bestellern in Europa Liefertermine erst Ende 2022. Ebenfalls sinkt mit zunehmender Wartezeit die Wahrscheinlichkeit dafür, dass Tesla sich nicht die Mühe macht, seine Limousine an europäische Lade-Verhältnisse anzupassen.
Model S mit größerer Ladeklappe in Fremont
Und das Fremont-Video von Chile Al100 spricht dafür, dass daran schon gearbeitet wird. In einer Ecke des Geländes in Fremont experimentierte Tesla demnach am vergangenen Freitag weiter mit Installationen des Solar Roof auf kleinen Häusern. Ein Stück davon entfernt befindet sich eine Test-Strecke, und auf der war unter anderem ein Model S unterwegs. Das ist zwar nur aus einiger Höhe zu sehen, aber akribische Beobachter auf Twitter zoomten heran und vermeldeten: Das Model S hat eine veränderte Rückleuchten-Einheit mit größerer Ladeklappe ähnlich wie beim Model 3, das in Europa seit dem Start im Frühjahr 2019 mit CCS-Buchse geliefert wird.
Model S with new rear light design.
Charging flap looks a lot like the flap for model 3/Y.
First tests with a CCS connector for Europe? @elonmuskAnd a Cybertruck on the track https://t.co/G3g0U1JjgU pic.twitter.com/PFJs9fzul7
— Tesla_Adri (@tesla_adri) December 10, 2021
Das ist zumindest das erste sichtbare Indiz dafür, dass Tesla beim Model S und damit wohl auch beim Model X die Ladewünsche europäischer Interessenten nicht vergisst. Wer sich davon überzeugen lässt, hat allerdings nichts davon, denn neue Bestellungen sind ja vorerst nicht möglich. Immerhin die bestehenden Besteller aber können jetzt mit höherer Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, mit bis zu 250 Kilowatt an CCS-Säulen laden zu können, wenn sie schon so lange auf ihren neuen Tesla warten müssen.