Der Hochlauf der Produktion in der deutschen Gigafactory von Tesla in Grünheide bei Berlin kommt nur mäßig voran. Das geht aus Informationen von zwei gut informierten Quellen hervor, die teslamag.de in der vergangenen Woche erreichten. Demnach werden pro Tag derzeit erst 86 Model Y Performance in der deutschen Fabrik produziert, und die Arbeit an den einzelnen Stationen dauert statt eingeplanter 90 Sekunden etwa doppelt so lang. Anschließend müssen die Fahrzeuge zudem noch intensiv überarbeitet werden. Im Juni soll aber die lokale Produktion von Antrieben beginnen, und ab der zweiten Juli-Hälfte ist ein deutlich erhöhtes Tempo geplant.
Hinweis 4.7.22: Die Bild-Zeitung hat diesen Beitrag sechs Wochen nach seinem ursprünglichen Erscheinen aufgegriffen, und teslamag.de hat eine Aktualisierung dazu veröffentlicht.
Deutscher Tesla-Start langsamer als in China
Die neuen Tesla-Fabriken in Deutschland und im US-Bundesstaat Texas würden ihre Produktion schneller steigern als zuvor die in China, sagte CEO Elon Musk Ende April. Am Anfang sehe der Hochlauf stets langsam aus, trete dann aber in eine exponentielle Phase ein. Doch zumindest die deutsche Fabrik hinkt derzeit der chinesischen in ihrer Anfangszeit hinterher. Für Februar 2020 als den zweiten Monat der Tesla-Gigafactory in China wurden gut 3900 produzierte Model 3 gemeldet. Für die in Grünheide, offiziell gestartet Ende März, ergäbe sich bei 86 Model Y pro Tag und 21 Arbeitstagen im Mai nur etwa die Hälfte im zweiten vollen Monat.
Zu dem deutschen Rückstand auf China scheinen zum einen Qualitäts- und zum anderen Personalprobleme beizutragen. So werden in Grünheide produzierte Model Y derzeit nicht gleich auf die Abholflächen auf dem Gigafactory-Gelände gefahren, sondern zunächst in einem abgesperrten Bereich der Fabrik geparkt. Dort wird nachgearbeitet, um schlecht sitzende Bleche, Lackfehler oder Kratzer zu beheben. Außerdem kommt Tesla bei der Personal-Suche nicht schnell genug voran: Für die Inbetriebnahme einer zweiten Linie in der Gigafactory fehlt es derzeit an Mitarbeitern, wurde teslamag.de zugetragen. Brandenburgs Wirtschaftsminister erwähnte vor kurzem einen aktuellen Stand von gut 4000 Beschäftigen in der deutschen Tesla-Fabrik und eine zweite Schicht ab dem nächsten Quartal.
Bestätigt wurde teslamag.de ebenfalls, dass Antriebe und Akkus für das deutsche Model Y derzeit noch vollständig aus China geliefert werden. Bei den Energie-Speichern wurde es, wohl wegen des Lockdowns seit Ende März in Shanghai, vergangene Woche schon knapp: Es sollten noch Akkus für etwa 14 Tage in Grünheide auf Lager sein. Zumindest bei den Antrieben ist aber ab Juni eine lokale Produktion geplant. Das Nebengebäude dafür war zum Start der Tesla-Produktion Ende März noch nicht einmal fertig, jetzt aber wurden auch dort die nötigen Anlagen installiert und sollen im nächsten Monat die ersten Teile produzieren.
2 Wochen Pause bei Giga Berlin im Juli
Die von Tesla-Chef Musk erwähnte exponentielle Entwicklung könnte dann Ende Juli beginnen. Denn zu Beginn des zweiten Quartals soll die deutsche Produktion für größere Umstellungen zwei Wochen lang ruhen. Das neue Ziel lautet dann, unter anderem mit mehr Personal, 30 Sekunden pro Station statt derzeit geplanter 90 Sekunden und erreichter 180 Sekunden. Die Endkontrolle soll dabei auf die einzelnen Bereiche verteilt werden, sodass Nacharbeiten an eigentlich fertig produzierten Model Y nicht mehr erforderlich sind. Wenn besonders misslungene Exemplare auf der Linie ankommen, sollen sie aus dem laufenden Prozess herausgenommen werden.
Insgesamt hört sich das nicht nach einem erhofft reibungslosen Hochlauf an, aber auch nicht nach verheerenden Problemen in der deutschen Gigafactory. Auf jeden Fall bleibt die Planung ehrgeizig. Schon bei weiter nur einer Schicht pro Tag würde die Verkürzung der Stationszeit auf ein Sechstel die sechsfache Produktionsmenge bedeuten, also etwa 500 Model Y pro Tag oder knapp 11.000 pro Monat. Auf Model Y Long Range aus der deutschen Fabrik werden Besteller möglicherweise trotzdem noch lange warten müssen: In Grünheide wird von 2 Millionen Bestellungen des Model Y Performance aus Märkten gemunkelt, die von der Elektroauto-Fabrik in Brandenburg aus bedient werden sollen. Eine Nachfrage bei Tesla zu den Informationen über die Produktion und Pläne dort blieb zunächst unbeantwortet.