Bild: Akku-Anlage Hornsdale Reserve (Foto: Neoen)
Mit fossilen Brennstoffen betriebene Kraftwerke haben den Vorteil, dass ihre Produktion steuerbar und stetig ist, während man bei erneuerbaren Quellen auf deren momentane Verfügbarkeit angewiesen ist. Auf der anderen Seite bergen großtechnische Turbinen-Anlagen ein höheres Klumpen-Risiko, wenn eine davon plötzlich ausfällt. Was das für Folgen haben kann, zeigte sich, als vergangene Woche in Australien das Kohlekraftwerk Callide nach einer Explosion die Produktion einstellte. Bei vielen Abnehmern in der Region fiel dadurch der Strom aus – und würde in einem benachbarten Bundesstaat nicht eine riesige Tesla-Batterie stehen, wäre das Rest Australiens wohl noch stärker in Mitleidenschaft gezogen worden.
Tesla-Akku mit schneller Reaktion
Der Retter in der Not war die von dem französischen Unternehmen Neoen betriebene Anlage Hornsdale Reserve im australischen Bundesstaat South Australia. Die wurde schon 2017 in Rekordzeit mit Powerpacks von Tesla errichtet und war bis vor kurzem die größte Lithium-Ionen-Batterie der Welt. Mittlerweile wurden und werden auch in weiteren Ländern immer größere Speicher dieser Art errichtet, viele davon mit Megapacks als dem aktuell größten Speicher-Block von Tesla.
Auch Hornsdale Reserve wurde seit der Inbetriebnahme um 50 Prozent erweitert und kommt jetzt auf 194 Megawattstunden Kapazität bei einer Leistung von 150 Megawatt. Mit Abschluss der Erweiterung im vergangenen September bekam die Anlage zudem eine neue Funktion. Ein Teil von ihr reagiert nicht mehr nur auf Strom-Überschuss oder -Mangel im Netz, indem er speichert oder abgibt, er kann auch eine nützliche Eigenart von konventionellen Kraftwerken mit großen bewegten Massen nachahmen: Sie sind träge, was zur Stabilisierung der Netz-Frequenz beiträgt, und dieser Effekt lässt sich künstlich auch mit Akku-Hilfe erzielen.
Wenn die Frequenz in einem Netz immer weiter absinkt, kann das zu einer Kettenreaktion führen, wie sie in Australien vergangene Woche tatsächlich begann. Laut ABC News gab es am Dienstagnachmittag eine Explosion mit anschließendem Brand in dem Kraftwerk in Brisbane im Bundesstaat Queensland. Drei Generatoren gingen sofort vom Netz, was mehrere Übertragungsleitungen und später auch andere Kraftwerke überlastete. Rund eine Stunde lang hatten bis zu 470.000 Kunden in der Umgebung keinen Strom.
„Virtuelle Trägheit“ mit Powerpacks
Was in dieser Zeit mit dem großen Tesla-Akku Hornsdale Reserve passierte, hat die australische Publikation Renew Economy zusammengefasst. Auch im Bundesstaat South Australia, in dem er steht, kam es laut dem Bericht zu Netz-Störungen. Wie schon in früheren Fällen habe der Großspeicher aus Powerpacks bei absinkender Frequenz rasch zusätzliche Leistung zur Verfügung gestellt und sie gedrosselt, als die Frequenz durch Lastabwürfe wieder zu steigen begann. Noch schneller aber hätten die zwei Wechselrichter der Anlage reagiert, die seit September 2020 testweise die Funktion „virtuelle Trägheit“ oder auch „virtuelle Maschine“ bieten. Das verringert laut Renew Economy das in solchen Fällen entscheidende Tempo des Absinkens der Frequenz, sodass sich das Netz insgesamt leichter stabilisieren lässt.
Jedenfalls der progressive Teil der Strom-Industrie sei sich nach dieser Erfahrung einig, berichtet Renew Economy weiter: Dank schneller Batterien könne ein Stromnetz auch ohne die schweren alten Synchron-Maschinen funktionieren. Im nächsten Schritt könne man sogar über deren reine Nachahmung hinausgehen und die volle Flexibilität und Steuerbarkeit von Akkus nutzen. Vorerst solle bis Ende des Jahres der gesamte Tesla-Akku von Neoen auf den zusätzlichen neuen Trägheitsmodus umgestellt werden.