Manche Tesla-Besitzer in US-Bundesstaaten oder Ländern, in denen Tesla noch keine eigene Versicherung anbietet, können kaum erwarten, dass sich das ändert – weil ihnen die Prämien aktuell zu hoch sind oder weil sie in der Hoffnung auf schnelle Abwicklung von Schäden einfach alles aus einer Hand haben wollen. Laut einem umfangreichen Bericht der Nachrichten-Agentur Reuters machen bisherige Kunden der Tesla-Versicherung allerdings keine überzeugenden Erfahrungen damit.
Kritik an Safety Score bei Tesla
Direkt bei Tesla versichern kann man sein Elektroauto mittlerweile in zwölf Bundesstaaten der USA, in den meisten auf Grundlage eines speziellen Modells: Statt nach rein statistischen Kriterien werden die Prämien nach dem konkreten Fahrverhalten jedes Kunden festgelegt. Dafür hat Tesla den Safety Score mit mehreren Einzelkriterien eingeführt (s. Grafik oben), der zunächst auch als Hürde für die Zulassung zum Beta-Test der Autopilot-Software FSD diente. Je höher die Punktzahl, desto niedriger wird, wenn sich sonst nichts ändert, die einmal pro Monat neu bestimmte Prämie.
In der Theorie soll das für mehr Gerechtigkeit sorgen und besonnene Fahrer belohnen, die seltener in Unfälle verwickelt sind. In der Praxis aber stößt das Tesla-System auf Kritik. So gab es Proteste gegen die Entscheidung, Fahren zu später Stunde zu einem Negativfaktor im Safety Score zu machen. Außerdem klagte schon mindestens ein Kunde gegen Tesla, weil die Front-Kollisionswarnung nach seinen Angaben mehrmals grundlos anschlug, was zu einer schlechteren Einstufung und damit höheren Prämien führte.
Bearbeiter für Tesla-Versicherung überlastet
Abgesehen von anhaltenden Beschwerden über solche Fälle gibt es bei der Tesla-Versicherung auch Probleme beim Service und bei der Bearbeitung von Schäden, berichtet Reuters dazu in einem ausführlichen Beitrag. Ein Ex-Soldat erzählte der Agentur, sein Model S habe im Februar unter Autopilot-Steuerung mit einem plötzlichen Lenkmanöver einen Unfall verursacht. Das Elektroauto überschlug sich und füllte sich mit Rauch, der Besitzer konnte nach seiner Schilderung durch ein Fenster entkommen. Bis die Reparatur des Schadens bezahlt war, vergingen sieben Monate, und auf die Begleichung seiner Arztkosten soll der Tesla-Kunde noch heute warten.
Bemühungen um die Regulierung gingen nach seiner Darstellung mit Stunden in Telefon-Warteschleifen und mehreren Malen einher, bei denen auf Tesla-Seite aufgelegt wurde. Insgesamt berichtete laut Reuters ein halbes Dutzend Kunden von ähnlichen Erfahrungen. Zumindest eine Zeitlang soll Tesla das neue Versicherungsgeschäft mit minimalem Budget betrieben haben. Ungefähr ein Dutzend Bearbeiter sei mit hunderten Fällen beschäftigt und zusätzlich überlastet gewesen, weil Meldungen über die Tesla-App nicht richtig funktionierten, sodass sie stattdessen telefonisch eingingen.
Kalifornien-Partner mit schlechter Quote
In einer Telefon-Konferenz im April 2022 hatte Tesla-CEO Elon Musk für die eigene Versicherung das Gegenteil solcher mäßigen Erfahrungen in Aussicht gestellt. Bei Unfällen werde es keine Streitereien, sondern eine sofortige Reparatur geben. So wolle Tesla aus dem Alptraum bei anderen Anbietern einen Traum machen.
In Kalifornien, wo das dynamische Modell mit Safety Score nicht zulässig ist, hatte Tesla laut dem Reuters-Bericht Ende 2021 mehr als 50.000 Versicherungskunden. Der Partner dafür ist dort die State National Insurance Company. In den vergangenen drei Jahren soll sie stets die höchsten Beschwerde-Quoten unter den großen Versicherungen in Kalifornien gehabt haben. Allerdings arbeitet State National auch mit anderen Unternehmen zusammen, sodass nicht klar ist, wie oft es dabei um das Tesla-Angebot ging.
Einen überzeugenden Auftakt scheint die von Musk als revolutionär gepriesene eigene Versicherung aber jedenfalls nicht hingelegt zu haben. Einer der unzufriedenen Kunden sagte Reuters, er sei in diesem Mai zu einem anderen Anbieter gewechselt, nachdem Tesla nach einem Unfall im November 2022 erst nach Einschaltung einer Behörde überhaupt reagiert habe. Die Prämien dort sind nach seinen Angaben höher – aber er wäre bereit, noch mehr zu bezahlen, um von der Tesla-Versicherung wegzukommen.