Anfang 2020 war die neue Gigafactory in China so etwas wie die Rettung für Tesla. Zwar musste auch die chinesische Fabrik im Februar wegen der beginnenden Coronavirus-Pandemie kurz schließen, aber mit Unterstützung der Regierung konnte Tesla schon nach wenigen Tagen wieder produzieren – ganz anders als in den USA, wo das Stammwerk in Fremont später rund zwei Monate Zwangspause machen musste. Jetzt ist es genau umgekehrt: In China kehrt das schon besiegt geglaubte Coronavirus zurück, und die Tesla-Fabrik dort ist bereits seit gut zwei Wochen geschlossen, während in Europa und den USA neue Gigafactorys an den Start gingen.
Tesla-Fabrik seit Ende März geschlossen
Schon Mitte März musste Tesla in China zwei Tage pausieren, und Ende des Monats begann eine Sperre der östlichen Hälfte von Shanghai, in der die Gigafactory steht. Vier Tage später sollte sie beendet und die westlichen Hälfte an der Reihe sein, doch stattdessen wurde die ganze Stadt abgeriegelt. Anfang dieser Woche sollen einige Bezirke wieder freigegeben worden sein, doch von business as usual kann dort nicht die Rede sein. Im Gegenteil sind auch viele Logistik- und Zuliefer-Betriebe in der wichtigen Region lahmgelegt, was nicht nur die Elektroauto-Produktion bei Tesla und anderen Unternehmen noch länger beeinträchtigen könnte, sondern die gesamte chinesische Wirtschaft.
Speziell für Tesla hat die Fondsgesellschaft Snow Bull Capital ausgerechnet, wie viel seiner weltweiten Produktion dem Unternehmen durch die Schließung in China direkt entgehen dürfte. Im vergangenen Jahr produzierte die lokale Fabrik erstmals mindestens so viele Elektroautos wie das Stammwerk in Fremont, und im Dezember wurden sogar 70.847 Model 3 und Model Y von dort verkauft. Laut der Fondsgesellschaft bedeutet das, dass mit jedem Tag China-Pause 0,33 Prozent der gesamten Produktion von Tesla im zweiten Quartal wegfallen. Auf das ganze Jahr gerechnet sollen es 0,08 Prozent pro Tag sein.
How will Shanghai's lockdown impact Tesla's global production? Here are our estimates.
On average, every day Tesla's Shanghai factory is closed impacts Q2 production by an additional -0.33%, and FY22 production by -0.08%. $TSLA pic.twitter.com/I0NgtaeFF8
— Snow Bull Capital (@snowbullcapital) April 12, 2022
Das hört sich nicht nach sehr viel an, doch bei Tesla zählt jedes Auto, um die hohe Nachfrage bedienen und die ehrgeizigen Wachstumspläne umsetzen zu können. Zudem dürften die Produktionskosten in China aufgrund der lokalisierten Lieferkette niedriger sein, sodass mit überproportionalen Auswirkungen auf den Gewinn zu rechnen wäre. Und je länger der Lockdown anhält, so merkten Twitter-Kommentatoren an, desto geringer wird zudem die Wahrscheinlichkeit, dass Tesla anschließend wieder mit voller oder sogar weiter gesteigerter Kapazität loslegen kann.
Deutsches Model Y braucht China-Zulieferung
Mit der Zeit dürften die Ende März und Anfang April offiziell neu eröffneten Gigafactorys in Grünheide bei Berlin und im US-Bundesstaat Texas den temporären Ausfall in China ausgleichen können. Bei der deutschen besteht dabei aber das Problem, dass sie zum Teil noch Komponenten aus China verwendet – von dort werden fertige Batterie-Pakete für das Model Y geliefert, aber derzeit zum Beispiel auch noch Antriebe. Mit Blick auf Texas wiederum ist derzeit nicht sicher, wann Elektroautos von dort auch an externe Kunden gehen können. Vergangene Woche wurde die dortige Gigafactory mit einem „Cyber Rodeo“ gefeiert, bei dem es hieß, die Auslieferungen von Model Y aus ihr würden „jetzt“ beginnen. Seitdem meldete sich aber erst eine Kundin mit einem Model Y aus Texas, und die arbeitet selbst in der neuen Tesla-Fabrik.