Bild: Tesla
Die US-Wirtschaftszeitschrift Forbes beschäftigt sich in einem aktuellen Artikel auf interessante Weise mit dem Unterschied zwischen dem gut ausgebauten und funktionierenden Supercharger-Netz von Tesla und dem, was Hersteller anderer Elektroautos ihren Kunden an Lade-Infrastruktur bieten – oder eben nicht bieten. In anderen Zusammenhängen wurde Tesla schon früher mit Apple verglichen oder seine Elektroautos mit dem iPhone im Gegensatz zum daran gescheiterten Handy-Marktführer Nokia. Forbes aber vergleicht jetzt Tesla mitsamt dem Supercharger-Netz mit Computern von Apple, und das Laden für Kunden anderer Hersteller mit Microsoft-PCs.
Von Elektroauto-Pionieren in die Masse
Eigentlich stammt diese Tesla-Analogie nicht von dem Autor des Artikels, sondern von einem Elektroauto-YouTuber, mit dem er gesprochen hat. Sie ist fast einleuchtender als die üblichen Smartphone-Parallelen: Apple war und ist wie Tesla bekannt dafür, viel selbst zu machen. Das Unternehmen lässt Hardware nach exakten Spezifikationen bauen und schreibt die Software dafür selbst. Auf dieselbe Weise baut Tesla nicht nur Elektroautos, sondern sorgte von Anfang an auch selbst dafür, dass sie schnell und mühelos geladen werden können – am eigenen Supercharger-Netz eben.
Und alle anderen Elektroauto-Fahrer? Deren erste Generation war daran gewohnt, Lademöglichkeiten zu suchen oder auch selbst zu schaffen und zu teilen. In Foren gab es regen Austausch darüber, und mit der ersten Welle von mehr öffentlichem Bewusstsein für Elektroautos – ausgelöst großteils von Tesla – konnten E-Pioniere sogar von vielen kostenlosen oder sehr günstigen Stationen profitieren.
Jetzt aber soll Elektromobilität in die Masse wie einst der Personal-Computer. Und statt selbst das Betriebsystem dafür – in diesem Fall zu verstehen als Lade-Infrastruktur – zu schreiben, überlassen die Hersteller das anderen. Bei PC-Betriebsystemen entstand dadurch das Microsoft-Monopol, das zwar einheitliche Software bedeutete, aber aufgrund unterschiedlichster Hardware-Komponenten immer wieder kleine und große Problem im Zusammenspiel beider Seiten. Die Apple-Erfahrung war elegant (und etwas teurer), die mit Microsoft funktionierte bestenfalls irgendwie.
Tesla unterstützt bei allem Neuen
„Wenn man einen Tesla kauft, ist alles so ausgelegt, dass es zusammenarbeitet“, erklärt der YouTuber in dem Forbes-Artikel zur Situation bei Elektroautos. Tesla unterstütze seine Kunden bei allem, was deren Nutzung von der konventioneller Autos unterscheide.
Der Autor selbst dagegen berichtet von seiner Erfahrung mit einem frisch gekauften Chevrolet Bolt, mit dem er für seine erste längere Fahrt an einer Station von Electrify America in den USA laden wollte. Aus freudiger Erwartung wurde Enttäuschung, denn keine der Säulen dort funktionierte – und schon habe er den Kauf eines Elektroautos bereut. Die Erfahrung vergleicht der Autor mit der mit einem Windows-PC etwa im Jahr 1998, der beim Versuch der Verbindung mit einem Peripherie-Gerät ständig abstürzt.
Ähnliche Probleme sind auch aus Europa bekannt. Ähnlich wie in den USA Electrify America baut hier das Joint-Venture Ionity der drei deutschen Autokonzerne BMW, Daimler und Volkswagen ein Netz von schnellen CCS-Ladestationen auf. Aber Ionity ist formal unabhängig und nicht der einzige Anbieter von schnellem oder langsameren Laden. Also müssen die Kunden mühsam einzeln suchen oder Übersichtsdienste der Hersteller nutzen.
Porsche-Fan landete auf Abschlepper
Und das funktioniert offenbar selbst bei der deutschen Luxusmarke Porsche 2020 nur ungefähr so gut wie 1998 Peripherie-Anbindungen unter Windows: manchmal gar nicht. Das musste ein Fan der Marke erfahren, der sich ähnlich wie der Journalist mit dem Bolt mit einem fast neuen Porsche Taycan auf den Weg von Norwegen nach Spanien machte. Dabei stieß er auf mehrere defekte oder anders unnütze Säulen, die ihm sein Porsche-Ladeplaner vorgeschlagen hatte. Einmal musste er deswegen sogar abgeschleppt werden.
Auch teslamag.de selbst hat die Tücken fremder Lader im Kleinen schon erlebt: Ein nagelneuer Porsche-Superlader in Leipzig sollte schnellen Strom für Elektroautos aller Marken bieten, unser Tesla Model X und ein vor Ort angetroffenes Model S aber gehörten nicht dazu. Ebenso melden Fahrer von Nicht-Teslas regelmäßig Probleme oder Störungen auch bei Ladesäulen von anderen CCS-Anbietern. So veröffentlichte ein deutscher YouTuber erst im März eine dreiminütige Wutrede gegen den Betreiber Allego, nachdem er mit einem Mercedes EQC an einer von dessen Stationen vor nur defekten Säulen stand.
Doch so wird es nicht auf Dauer bleiben, meint zumindest der für den Forbes-Artikel befragte US-YouTuber – heutige Windows-Computer gelten ja auch nicht mehr als in der Bedienung so weit hinter Apple zurück wie früher. Integrierte Navigationssysteme, Routenplaner von Drittanbietern und eine schnellere und vielfältigere öffentliche Ladeinfrastruktur würden Elektroautos anderer Marken so leicht so nutzen machen wie Tesla. Dies werde mit der „nächsten Generation“ von Nicht-Teslas erreicht werden, sagte er.