Ein paar Probleme hatte der frühere Tesla-Fahrer erwartet, nicht aber, dass die Tour mit seinem neuen Porsche Taycan derart beschwerlich werden würde – und wohl schon gar nicht, dass der Hersteller des Elektroautos anschließend verlangen würde, einige der YouTube-Videos über seine Fahrt von Oslo nach Malaga Tour zu löschen. Doch genau so kam es nach seinen Berichten und Angaben: Mit dem schicken Elektro-Sportwagen bremste Erik Windahl Olsen unterwegs Lastwagen aus, um noch die nächste Ladestation zu erreichen, mehrmals stand er vor inaktiven Säulen und musste einmal sogar mit einem Abschleppwagen zum Strom gebracht werden – den er dann bei Jaguar bekam. Und wie der Norweger berichtet, schickte Porsche später Aufforderungen an YouTube, zwei seiner Videos zu der abenteuerlichen Reise zu löschen.
Aktualisierung: Porsche hat auf eine Anfrage von teslamag.de zu dem Thema reagiert. Er schließe aus, dass die Aufforderung zur Löschung der Videos von der Porsche AG kam, sagte der für den Taycan zuständige Pressesprecher Mayk Wienkötter. Mehr dazu weiter unten.
Tesla Model S als „Warte-Auto“
Er sei ein Porsche-Fan, schrieb Olsen auf Nachfrage an teslamag.de. Vorher habe er ein Tesla Model S gefahren, aber von vornherein nur als „Warte-Auto“, bis der ersehnte elektrische Porsche kam. Der Taycan 4S mit großer Batterie wurde Anfang März geliefert, und kaum war er da, machte sich Olsen mit zwei Freunden auf große Test-Fahrt: Rund 3500 Kilometer von Oslo nach Malaga. Die entscheidende Frage dabei war natürlich das Laden, denn der Porsche verbraucht nicht nur deutlich mehr als das Tesla Model S, er kann auch nicht auf das Supercharger-Netzwerk für Tesla-Fahrer zugreifen, das mittlerweile in ganz Westeuropa gut ausgebaut ist.
Porsche dagegen ist zwar Teil des Joint-Ventures Ionity, das ein europaweites CCS-Netz aufbaut, hat aber anders als Tesla keine direkte Kontrolle darüber und benutzt auch Stationen anderer Anbieter. Und je weiter die Porsche-Tester in den Süden kamen, desto schwieriger wurde das Laden. Mehrmals wurde sie von der App im Elektroauto zu Stationen gelotst, die sich dann als defekt oder aus anderen Gründen nicht nutzbar erwiesen. Unter anderem musste der Taycan in Spanien deshalb einmal auf einem Abschleppwagen zum nächsten Porsche-Zentrum in Valencia gebracht werden. Und weil zuvor das im französischen Perpignan keine schnelle Ladestation hatte, sorgten die freundlichen Mitarbeiter dafür, dass Olsen nebenan bei Jaguar Strom bekam – aber er musste seinen Porsche auf Wunsch des Konkurrenten währenddessen zudecken.
Von diesen und anderen Erlebnissen berichtete Olsen ab dem Start täglich in neuen YouTube-Videos, doch dann bekam er Post von der Plattform: Es sei eine rechtliche Beschwerde gegen einen der Berichte eingegangen, weshalb er gelöscht worden sei. Als Grundlage dafür nannte YouTube das Netzwerk-Durchsetzungsgesetz (NetzDG) – eine deutsche Vorschrift für Bilder aus Spanien bei einem Video-Dienst aus den USA. Später folgte eine weitere Lösch-Nachricht. Ungerührt verschleierte Olsen in den gelöschten Videos Aufnahmen, die Porsche-Rechte verletzten könnten (etwa von Mitarbeitern), und lud sie wieder hoch – bei einer der Folgen offenbar sogar zweimal.
Treuer Porsche-Fan zeigt sich enttäuscht
Olsen selbst schrieb zunächst in einer Video-Beschreibung, ein „gewisser deutscher Hersteller“ habe die Löschung verlangt, in den Kommentaren nannte er konkret Porsche. Das Schreiben von YouTube, das er teslamag.de zeigte, enthält allerdings keine Angaben zum Initiator. Porsche ließ eine Anfrage zu dem Thema zunächst unbeantwortet.
Aktualisierung: Wie Porsche-Sprecher Wienkötter dazu sagt, habe er von dem Fall zum ersten Mal durch den Bericht erfahren. Die Initiative zur Löschung der Videos sei nicht von der deutschen Zentrale und auch nicht von einer Unterorganisation ausgegangen. Er könne nicht ausschließen, dass beispielsweise ein lokaler Händler ohne Absprache tätig wurde, halte es aber nicht für wahrscheinlich, so der Sprecher.
Olsen jedenfalls zeigt sich nach der YouTube-Erfahrung sehr enttäuscht von dem deutschen Unternehmen. Es hätte gewiss andere Möglichkeiten gegeben, problematische Video-Passagen entfernt zu bekommen – er veröffentliche unter seinem vollen Namen, und andere wie teslamag.de hätten ihn ja darunter auch gefunden. Derzeit erwecke Porsche eher den Eindruck, Feuer mit Benzin löschen zu wollen – und nicht etwa an einem treuen Kunden interessiert zu sein, sondern nur daran, peinliche Bilder aus dem Internet zu bekommen.
Klare Meinung zu Porsche vs. Tesla
Abgesehen davon hat Olsen jetzt eine deutliche Meinung zum beliebten Vergleich Tesla gegen Porsche: Das Model S sei trotz schneller Beschleunigung kein Sportwagen, schrieb er teslamag.de, auch wenn Tesla-Fans das nicht gern hörten, der Taycan dagegen durchaus. Die Frage, welches das bessere Elektroauto ist, stelle sich aber eigentlich gar nicht: „Tesla hat in diesem Bereich einen erheblichen Vorsprung“ in Form von Effizienz und Supercharger-Netz.“ Wie es aussieht, könnte die kommende Generation von sportlichen Model S mit Plaid-Antrieb (angekündigt für dieses Jahr) also dafür sorgen, dass der Porsche-Fan dauerhaft untreu wird.