Eigentlich ist es gar kein Gesetz, aber die Chip-Industrie gibt sich trotzdem alle Mühe, der Regel gerecht zu werden: Alle 12 Monate verdoppele sich die Zahl der Transistoren auf den besten verfügbaren Chips, sagte 1965 der Intel-Mitgründer Gordon Moore voraus, was er 1975 auf alle 24 Monate korrigierte. Daraus wurde in unterschiedlichen Interpretationen das Moore’sche Gesetz, das seitdem trotz vieler Zweifel tatsächlich grob gehalten hat. Inzwischen geht es dabei weniger um die Zahl der Transistoren als um die Leistung von Chips, die auch von Architektur-Entscheidungen abhängt. Und in dieser Hinsicht ist Tesla nach Ansicht des früheren Board-Mitglieds Steve Jurvetson aktuell weiter als alle anderen einschließlich Google.
120 Jahre Moore’sches Gesetz
Jurvetson war früher Partner der Silicon-Valley-Firma Draper Fisher Jurvetson (DFJ), die erfolgreich in Internet-Unternehmen und später in SpaceX und Tesla investierte. In beiden Unternehmen saß er bis 2017 auch im Board, bis er sich dort sowie bei DFJ nach Vorwürfen sexueller Belästigung zurückzog. Im April 2018 hat er einen neuen Risikokapital-Fonds namens Future Ventures aufgelegt.
Der bekannte Finanzierer ist also weiterhin im Tech-Geschäft und hat offenbar genau den AI Day von Tesla vergangene Woche verfolgt, bei dem das Unternehmen technisch detailliert über seine Arbeit an Software wie Hardware für künstliche Intelligenz berichtete. Ursprünglich war sie nur davon motiviert, autonomes Fahren möglich zu machen. Inzwischen spricht CEO Elon Musk aber davon, dass Tesla dafür ohnehin KI für die reale Welt in den Griff bekommen müsse. Passend dazu stellte er einen humanoiden Roboter vor, der davon irgendwann Gebrauch machen soll und in der Zwischenzeit als virtuelle Werbefigur dient.
Für Jurvetson gilt das Moore’sche Gesetz sogar schon länger, als es existiert: Für ihn begann die Entwicklung Anfang des 20. Jahrhunderts mit dem Computer-Vorläufer Analytical Engine, bevor ab den 1960er Jahren Transistoren Vakuumröhren ablösten, der Intel-Mitgründer seine Regel formulierte und ab den 1970er Jahren die ersten integrierten Chips produziert wurden. Seitdem hat sich das Rennen von CPUs für alle Rechen-Aufgaben über GPUs nur für Grafik-Fragen zu Spezial-Chips für künstliche Intelligenz verlagert, erklärt der Tech-Finanzier. Eine Grafik dazu zeigt, dass die Zahl der Berechnungen pro investiertem Dollar mit diesen Technologie-Wechseln tatsächlich stetig ansteigt. Und in der obersten rechten Ecke dieser Punkt-Kurve steht bei Jurvetson jetzt Tesla mit seinem Dojo-Chip.
Dojo ist für Tesla nur der Anfang
Von dem hatte Tesla-CEO Musk zuletzt häufiger gesprochen und präsentierte am KI-Tag nähere Informationen dazu. Fertig sind der D1-Chip und der daraus bestehende Dojo-Computer für das Training von Teslas neuronalen Autopilot-Netzen noch nicht (das Foto oben zeigt ein Computer-Bild aus der Einladung zum KI-Tag). Aber wenn es so weit ist, soll er mit 1,1 Exaflops Rechenleistung zu den schnellsten Supercomputern der Welt gehören.
Laut Jurvetson wurde Intel als Technologieführer bei Chips von Nvidia abgelöst, weil sich die GPUs des Konkurrenten als besser geeignet für Deep Learning als die aktuell anspruchsvollste Computer-Anwendung erwiesen. Deren stark parallelisierter Aufbau erinnere auf erhebende Weise an den sensorischen Kortex von Lebewesen, und optimierte Spezial-Chips wie der von Tesla würden noch weiter in diese Richtung gehen, schreibt der Investor.
Weitere Fortschritte dieser Art sind nach Jurvetsons Ansicht zu erwarten – geschäftlich solle man am besten davon ausgehen, dass das Moore-Gesetz in seiner modernen Form noch einmal mindestens 20 Jahre Gültigkeit behält, schreibt er. Tesla dürfte dabei weiter an der Chip-Speerspitze mitmischen. „Wir sind noch nicht fertig“, sagte laut HPC Wire Ganesh Venkataramanan, Chef für Autopilot-Hardware, beim KI-Tag nach Erläuterungen zu dem aktuellen Dojo-Konzept. Tesla habe schon einen Plan für eine völlig neue Chip-Generation mit dem Ziel einer zehnmal so hohen Leistung.