Live übertragen im Internet, aber inhaltlich in weiten Teilen nur für Fachleute nachzuvollziehen, hat Tesla am Donnerstag in Kalifornien seinen AI Day abgehalten, mit dem das Unternehmen laut CEO Elon Musk mehr Experten für künstliche Intelligenz für sein Team gewinnen wollte. Ob der Rekrutierungsplan aufging, würde zunächst nicht bekannt, aber am Ende hatte Tesla auch noch etwas für normale Zuschauer im Programm: einen humanoiden Roboter, der lästige und gefährliche Aufgaben für seine Besitzer übernehmen soll. Das sorgte für interessante Bilder und großes Interesse. Einige Beobachter fragten sich und andere allerdings, ob das jetzt unbedingt auch noch sein muss.
Neuer Tesla-Chip für Dojo-Computer
Ganz wie erwartet begann Teslas KI-Tag (mit ebenfalls nicht überraschenden etwa 40 Minuten Verspätung) mit einer kurzen Ansprache von Musk und dann technischen Präsentationen von Mitgliedern seines Autopilot-Teams. Teil davon waren auch nähere Informationen zu einem Supercomputer namens Dojo, den Tesla für das Training der künstlich intelligenten Netze in seiner Autopilot-Software verwenden will. Wie für die Autopilot-Hardware in seinen Elektroautos hat Tesla dafür einen eigenen Chip entwickelt, hoch spezialisiert und integriert und deshalb effizient. 25 davon kommen auf einen Wafer, 120 dieser „Training Tiles“ sollen dann den Dojo-Computer mit 1,1 Exaflops Rechenleistung ergeben.
Denn je schneller der Trainingsrechner, desto schneller wird auch die Autopilot-Software besser. Auch mit den neu verkündeten Roboter-Plänen will Musk davon Gebrauch machen, wie er nach einer kurzen Tanz-Show mit einer Frau im Roboter-Anzug (s. Foto oben) erklärte: Den humanoiden Helfer zu bauen sei nur logisch, weil Tesla dabei nicht nur von seiner Erfahrung mit Batterien und Sensoren profitiere, sondern im Prinzip auch das ganze Autopilot-System zur Steuerung verwenden könne. Denn spätestens seitdem diesem der Radar-Sensor genommen wurde, hat Tesla laut Musk ohnehin die schwierige Aufgabe, künstliche Intelligenz für die reale Welt zu „lösen“.
Roboter als Autopilot-Ablenkung
Möglicherweise schon im nächsten Jahr will Tesla einen Prototypen für den noch namenlosen Roboter vorstellen, kündigte Musk an. Zu ihm passen würde ein weiteres Science-Fiction-Projekt gewiss, und mit mechanischen Privathelfern könnte ein riesiger neuer Markt entstehen. Auf der anderen Seite hat Musk schon so und nicht nur bei Tesla alle Hände voll zu tun. Zudem haben sich seine zeitlichen Vorhersagen zum Fortschritt mit künstlicher Intelligenz beim Tesla-Autopilot bislang als viel zu optimistisch erwiesen.
In April 2019, Elon said that within a year, $TSLA would have a million robotaxis on the road fully capable of driving themselves. We’re still 3-4 years away.
With TSLA Bots, it will be a few years before $TSLA can scale up production. And there will be plenty of competition. https://t.co/aA0nUdpQ5G
— Gary Black (@garyblack00) August 20, 2021
„2019 hat Elon gesagt, dass Tesla innerhalb von einem Jahr vollständig autonom fahrfähige Robotaxis auf der Straße haben wird“, erinnerte der erfahrene Finanzprofi @garyblack00 auf Twitter an Aussagen beim Autonomy Day vor rund zweieinhalb Jahren. Tatsächlich werde es wohl erst in weiteren drei bis vier Jahren so weit sein, und die Konkurrenz schlafe nicht. Ähnlich dürfte laut Black auch ein fertiger Tesla-Roboter noch viele Jahre auf sich warten lassen und dann nicht allein auf dem Markt sein.
https://twitter.com/ronmadison11/status/1428671218782294023
Ähnlich störte sich der Analyst Dan Ives von Wedbush Securities an der Roboter-Überraschung: Die langfristigen Technologie-Visionen von Musk seien zwar durchaus wertvoll, aber Anleger würden lieber eine Konzentration auf anstehende Probleme sehen, schrieb er laut einer Twitter-Kopie in einer Einschätzung zu dem Tesla-Termin. Denn beim autonomen Fahren steht bislang nicht nur die Realisierung der großen Autonomie-Vision aus, sondern Tesla hat akute Probleme: In dieser Woche begann die US-Behörde NHTSA eine Voruntersuchung wegen elf Fällen seit 2018, in denen ein Tesla unter Autopilot-Steuerung stehende Einsatz-Fahrzeuge rammte. Dieses aktuelle Thema kam bei der gut zweistündigen KI-Infoveranstaltung am Donnerstag nicht zur Sprache.