Mit der Gigafactory mitsamt später geplantem Entwicklungszentrum und vielleicht auch eigener Batteriezell-Produktion baut Tesla einen der größten Industrie-Standorte im Osten Deutschlands auf – und parallel dazu entsteht im westlichen Teil der Republik ein weiterer, wenn auch vorerst viel kleinerer Tesla-Cluster: Das Bundeskartellamt hat keine Einwände gegen die Übernahme des Auto-Maschinenbauers ATW in Neuwied durch die deutsche Tesla-Tochter Grohmann Automation, berichteten am Mittwoch mehrere Zeitungen. ATW gehörte zu einem kanadischen Konzern, stand vor der Pleite – und wird jetzt zum zweiten Anlagen-Spezialisten aus der Region, der in den Besitz von Tesla kommt.
Tesla kauft deutsche Spezialisten
Der erste war im Jahr 2017 Grohmann im rund 100 Kilometer entfernten Prüm, damals noch ohne den Vornamen Tesla und mit dem Nachnamen Engineering statt Automation. Wie jetzt ATW hatte auch Grohmann mehrere deutsche Auto-Hersteller als Kunden. Nach der Übernahme soll CEO Elon Musk darauf bestanden haben, dass die neue Tochter nur noch für Tesla arbeitet. Das führte nach Berichten erstens zum Streit mit ihrem Gründer und zweitens später zu Problemen bei der Akku-Produktion für das Mercedes Elektroauto EQC.
Mit ATW könnte sich eine ähnliche Situation ergeben. Laut einem Bericht des Handelsblatt zählen zu seinen Kunden BMW, Daimler und VW, und zwar konkret für Batterie-Montagelinien. Die Tochter des kanadischen Zuliefer-Konzerns ATS war zuvor wegen gestrichener Aufträge in der Coronavirus-Krise an den Rand der Insolvenz geraten. Anfang des Monats wurde überraschend bekannt, dass Tesla Interesse an einer Übernahme von ATW mit seinen 210 Spezialisten hat. Die Transaktion, für die offenbar die Form einer Fusion mit Tesla Grohmann gewählt wurde, musste vom Bundeskartellamt geprüft werden und wurde jetzt genehmigt.
Verkauf an Dritten bestätigt
Ohne den Namen von Tesla als Käufer zu nennen, hatte ATS selbst das schon zwei Tage zuvor bekannt gegeben. „Verkauf bestimmter Vermögenswerte im Transport-Geschäft abgeschlossen“, meldete der Konzern am Montag. Teil davon sei auch der Transfer der Beschäftigten einer der deutschen Töchter „zu einer dritten Partei“. Ein Kaufpreis wurde nicht genannt. Aber allein 210 oder annähernd so viele Spezialisten für Batterie-Maschinen auf einen Schlag ins Haus zu bekommen, könnte Tesla-CEO Musk trotz der schlechten Finanzlage von ATW einiges wert gewesen sein.
Gleichzeitig stellt sich die Frage, warum angesichts der zentralen Bedeutung von Batterie-Anlagenkompetenz keiner der deutschen Hersteller vor Tesla zugegriffen hat. Vielleicht kam ihnen ATW schlicht zu klein vor – oder sie waren zu weit von Neuwied entfernt, um auf die Gelegenheit aufmerksam zu werden.