Gut 29.000 Personen wollen nicht, dass die Informatik-Professorin Missy Cummings neue Sicherheitsberaterin bei der US-Verkehrsbehörde NHTSA wird. Das lässt sich einer Petition entnehmen, die Tesla-Fans auf Twitter nach der Nachricht von Cummings‘ Berufung vergangene Woche initiierten. Wie CEO Elon Musk selbst werfen sie ihr vor dem Hintergrund kritischer Äußerungen zum Autopilot-System vor, gegenüber Tesla negativ voreingenommen zu sein, und verweisen zudem darauf, dass sie im Board des Lidar-Konkurrenten Veoneer sitze. Nach vielen Angriffen ist das Twitter-Konto von Cummings inzwischen verschwunden. Und die Chefin der Schwester-Behörde NTSB erklärte, die Attacken gegen sie seien nur ein Versuch, von den eigentlichen Autopilot-Problemen abzulenken.
Autopilot-Kritikerin berät NHTSA
Das National Transportation Safety Board ist wie die National Highway Transportation Safety Agency eine US-Bundesbehörde, die mit Verkehr zu tun hat, kann aber anders als die mächtigere Schwester nur Berichte und Empfehlungen veröffentlichen. Gegenüber dem Autopilot-System zeigt sich das NTSB schon länger kritisch und hat sich laut einem CNN-Bericht erst in dieser Woche beschwert, dass Tesla seine Sicherheitsempfehlungen dazu aus den letzten Jahren nicht umsetzt.
Auch die NHTSA schien in dieser Hinsicht zuletzt aktiver zu werden. Im Juni führte sie eine strenge Meldepflicht für sämtliche Unfälle unter Beteiligung von modernen Fahrassistenz-Systemen ein und startete im August eine Voruntersuchung wegen Tesla-Zusammenstößen mit am Straßenrand stehenden Einsatz-Fahrzeugen. Mitte Oktober wurde zudem bekannt, dass Missy Cummings, eine Informatik-Professorin an der Duke University, die sich mehrfach kritisch über das Autopilot-System geäußert hatte, eine Sonderberaterin bei der NHTSA wird.
Das wurde vielen Tesla-Fans zu viel. Auf Twitter überboten sie sich mit vermeintlichen Enthüllungen über Cummings wie ihrer Zugehörigkeit zum Board des Lidar-Herstellers Venoeer, manche machten aber auch vor sexistischen Sprüchen und Beleidigungen nicht halt; laut CNN gab es sogar Morddrohungen. CEO Musk selbst erklärte, sie sei „objektiv“ extrem voreingenommen gegen Tesla, ging aber nicht auf ein Gesprächsangebot ein, das sie ihm daraufhin machte. Einige Tage später löschte Cummings ihr vorher recht aktives Twitter-Konto oder machte es unsichtbar. Außerdem zog sie sich wegen der NHTSA-Nominierung aus dem Board von Veoneer zurück.
„Heftige Reaktionen nur bei Tesla“
Cummings selbst hat Kritik-Gewitter bislang nicht kommentiert (auf Twitter kann sie es ja auch nicht mehr), aber das übernahm jetzt Jennifer Homendy, Chefin der NTSB (s. Foto oben bei ihrer Amtseinführung im August) – und zwar mit sehr deutlichen Worten. Die Reaktion von Fan-Seite auf die Berufung sei „ein kalkulierter Versuch, von den wahren Sicherheitsthemen abzulenken, auf die alle konzentriert sein sollten“, sagte sie CNN. Homendy unterstellte also, dass die Twitter-Kritik nicht spontan geäußert wurde, sondern überlegt mit einem Ziel im Blick, und vielleicht sogar organisiert.
Dafür gibt es ähnlich wenige Anhaltspunkte wie für Fehlverhalten von Cummings, doch abnehmen darf man Homendy wohl, dass sie ein Verhalten wie das von Tesla-Fans bei anderen Auto-Herstellern nicht erlebt. Weder die NTSB noch die NHTSA würden derartige Reaktionen sonst bekommen, wenn sie Empfehlungen für die Branche aussprechen oder ihr Regeln auferlegen. Sie weigere sich, aber sich mit irgendetwas davon zu beschäftigen, sagte Homendy mit Blick auf Tesla weiter, denn das eigentlich wichtige Thema seien die Sicherheitsfragen.