Elektroautos können zwar auch mit ihren Motoren ordentlich verzögern und dabei sogar Strom zurückgewinnen, aber die mechanische Bremse wegzulassen, hat sich bislang selbst Tesla nicht getraut. Der aus Italien stammende Spezialist Brembo arbeitet allerdings daran, so etwas wie das Pendant zu einem Radnaben-Motor serienreif zu entwickeln, nur eben zum Bremsen. Ein Blog konnte das System im aktuellen Stadium in einem Tesla Model 3 Performance schon einmal ausprobieren und zeigte sich sehr angetan davon.
Test in Track-Modus von Tesla
Als Brembo sein Konzept Sensify im vergangenen Oktober vorstellte, wurde die Mitteilung dazu unter anderem noch von einem alten Tesla Model S in farbiger Folierung mit diesem Namen illustriert. Das lässt erkennen, wie lange das Unternehmen schon daran arbeitet. Laut einem Bericht von Autoblog sind es tatsächlich schon zehn Jahre. In zwei weiteren Jahren soll das System in ersten Elektroautos zu finden sein. Nach eigenen Angaben spricht Brembo derzeit mit mehreren Herstellern, nennt aber keine Namen.
Für eine Demonstration von Sensify Ende Juli suchte sich das Unternehmen jedenfalls ein Tesla Model 3 aus (s. Foto oben), wie Autoblog berichtet – in der Performance-Version mit dem Track-Modus, in dem man digitale Sicherheitshelfer deaktivieren kann. Das nämlich soll einer der Vorteile des Brembo-Systems sein: Man braucht kein zusätzliches ABS und keine elektronische Bremskraft-Verteilung, weil diese Funktionen schon integriert sind. Dazu trägt bei, dass die Verzögerung an jedem Rad einzeln geregelt werden kann – so wie Radnaben-Motoren einzelne Räder antreiben.
Für diese feinere Steuerung verwendet Brembo statt eines zentralen Hydraulik-Systems entweder vier elektrisch bewegte Bremssättel rundum. In diesem Fall wird das Bremspedal quasi zum reinen Elektro-Regler. Als Backup soll in dieser Konfiguration nur eine zusätzliche Strom-Versorgung dienen. Alternativ gibt es laut dem Autoblog-Bericht eine hybride Lösung. Hinten wird dann ebenfalls elektromechanisch gebremst und vorne hydraulisch, aber mit einem Zylinder pro Seite und somit immer noch einzeln regelbarem Druck. Das hat den Vorteil, dass einer der Nachteile von Radnaben-Motoren – und eben auch Bremsmotoren am Rad – teilweise vermieden wird: mehr ungefederte Masse.
Bremsen mit Software-Updates
Sportliche Elektroautos sollen deshalb eher die hybride Konfiguration bekommen, die Brembo auch für den Test mit dem Performance-Tesla wählte. Jegliche Stopps damit seien fast gemächlich verlaufen, berichtet Autoblog. Bei einfachen Vollbremsungen geradeaus blieb das typische ABS-Stottern ebenso aus wie jedes Schlingern auch auf nasser Straße. Mit dem Durchtreten der Bremse mitten in einer Kurve kommt das Model 3 laut dem Bericht auch mit seinem eigenen ABS gut zurecht. Mit dem Sensify-System aber ließ sich das Auto nicht einmal aus der Ruhe bringen, wenn die Tester dabei das Lenkrad hin- und herrissen. Beim dritten Manöver, Links-Rechts-Lenken bei Bremsen aus hohem Tempo, war das neue Brembo-System für sie ebenfalls besser.
Das sei nichts weniger als eine „kleine Revolution“, schreibt der Blog. Neben mehr Sicherheit und weniger hydraulischer Komplexität soll das System zudem Effizienz-Vorteile bieten: Verminderter Abrieb durch gezielteres Bremsen und die Tatsache, dass die Bremsbeläge elektromechanisch komplett von der Scheibe entfernt gehalten werden, bedeuten laut Brembo weniger Verschleiß. Außerdem sollen die elektromechanischen Sättel das gesamte Auto-Leben über halten. Einem deutlichen Trend bei Elektroautos folgend will Brembo seinem Produkt allerdings die Fähigkeit zu späteren Updates per Funk mitgeben und so – gegebenenfalls bezahlten – Kontakt zu den Kunden halten können.