Seit mehreren Jahren kannten die Preise für Batterien für Elektroautos nur eine Richtung: nach unten. Als eine Art magische Schwelle in der Branche gelten 100 Dollar pro Kilowattstunde Kapazität im fertigen Akku, und die kamen dank immer größerer und effizienterer Produktion zunehmend in Reichweite – eine Voraussetzung dafür, dass Elektroautos preislich auch ohne Subventionen mit Verbrennern konkurrieren können. So sollte es eigentlich noch lange weitergehen, doch der positive Trend scheint unterbrochen: Zum ersten Mal seit 2014 sind Zell-Hersteller laut Marktforschern dabei, die Preise für ihre Produkte zu erhöhen.
Selbst Tesla von Nachfrage überrascht
Selbst Tesla war nach aktueller Auskunft seines Finanzchefs von der rapide steigenden Nachfrage nach Elektroautos überrascht, und zunächst schlug sich der erhöhte Batterie-Bedarf auch anderer Hersteller vor allem auf die Rohstoff-Preise nieder. Die Marktforschungsfirma Benchmark Minerals wies schon vor einigen Monaten darauf hin, dass den vielen Gigafactory-Projekten weltweit keine entsprechend ehrgeizigen Rohstoff-Projekte gegenüberstehen. Und jetzt berichtete sie, dass mehrere der großen Zell-Hersteller in China von Kunden höhere Preise verlangen.
Einer von Benchmark per E-Mail verschickten Grafik ist zu entnehmen, dass sich der Preis-Rückgang bei Lithium-Ionen-Batterien nach anfänglich großen Fortschritten deutlich verlangsamt hat. Dennoch sanken die Preise Jahr für Jahr weiter, bis auf nur noch knapp über 100 Dollar pro Kilowattstunde in 2020. Für dieses Jahr aber zeigt die Grafik erstmals wieder einen Pfeil nach oben. In 2022 könnten die Preise für NCM-Zellen (Nickel, Kobalt, Mangan) wieder 115 Dollar pro Kilowattstunde erreichen, sagte der Benchmark-Geschäftsführer Simon Moores der Nachrichten-Agentur Reuters.
Lithium ion battery prices are going up for the first time. Some said it would never happen. #EV
But rising lithium prices are the cause.
172% increase in Benchmark Lithium Price Index since this time in 2021 says it all
Automakers to take the hit
More TBA @benchmarkmin pic.twitter.com/rPfAXPBwCu
— Simon Moores (@sdmoores) October 26, 2021
Angesichts der Entwicklung bei den wichtigen Batterie-Rohstoffen Lithiumhydroxid und Lithiumcarbonat (s. Grafik oben) wäre dieser Anstieg noch milde. Laut Moores hat sich der Preis für das Carbonat gegenüber Oktober 2020 um 200 Prozent erhöht. Und die wahre Knappheit werde wohl erst im nächsten Jahr beginnen. Der Aufbau von reichlich eigenen Batterie-Fabriken, meist in Joint-Ventures mit spezialisierten Anbietern, sei die richtige Entscheidung der Auto-Hersteller gewesen, schrieb der Benchmark-Chef auf Twitter. Aber sie würden sich zu wenig um die Rohstoffe dafür kümmern.
Schwierige Jahre für Elektroauto-Hersteller
Die derzeit zu beobachtenden Preis-Erhöhungen gehen laut Moores noch sämtlich von China aus – es werde spannend, zu sehen, wie die südkoreanischen Hersteller auf das Rohstoff-Umfeld reagieren. Der größte chinesische Anbieter ist CATL, der in Südkorea LG Energy Solutions, und beide beliefern unter anderem auch Tesla. Die aktuelle Entwicklung sei nur der Anfang, warnte Moores. Die Jahre 2022 bis 2026 würden für Elektroauto-Hersteller „nicht schön“ werden.
Wie sehr sie von höheren Preisen konkret betroffen sind, hängt von ihren Verträgen mit den Zellproduzenten ab. Die sind meist eher langfristiger Natur, laufen aber trotzdem irgendwann aus – und spätestens bei einer Neuverhandlung können dann die Preise steigen. Tesla-Finanzchef Zachary Kirkhorn erklärte zu Rohstoffen nicht nur für Batterien in der Telefon-Konferenz zu den Q3-Zahlen, einige davon würden direkt gekauft, sodass schwankende Preise direkt durchschlagen. Ebenso gebe es aber auch langfristige Fest-Verträge sowie Vereinbarungen, nach denen Lieferant und Abnehmer sich steigende Kosten teilen. Bei anstehenden Neuverhandlungen können die Preise laut Kirkhorn im aktuellen Umfeld höher werden – aber Tesla wolle solchen externen Faktoren dadurch begegnen, dass das Unternehmen intern immer effizienter wird.