Nach der Darstellung von Tesla-Chef Elon Musk wollte er sich in diesem April mit Bill Gates treffen, um über Philanthropie-Fragen zu sprechen, sagte dann aber ab, weil der Microsoft-Gründer eine Short-Position in der Tesla-Aktie bestätigt habe. Er habe von mehreren Leuten von einem Volumen von 500 Millionen Dollar gehört, schrieb Musk damals. Das scheint aber nur der anfängliche Wert gewesen zu sein. Denn am Samstag erklärte der Tesla-Chef, die Leerverkäufe von Gates würden sogar mehrere Milliarden Dollar ausmachen.
„Multi-Milliarden“-Wette gegen Tesla-Aktie
In früheren Zeiten zeigte Musk ein gewisses Verständnis für Leerverkäufer, die versuchen, statt von positiven Entwicklungen an der Börse von negativen zu profitieren. Dazu leiht man sich Aktien eines Unternehmens und verkauft sie zum aktuellen Kurs in der Erwartung, sie später billiger kaufen und zurückgeben zu können. Weil er Tesla jahrelangen Angriffen durch solche Short-Spekulanten mit Falschinformationen ausgesetzt sah, lehnt Musk Leerverkäufe inzwischen strikt ab – wobei er vor kurzem angetan auf einen Bericht einer darauf spezialisierten Finanzfirma reagiere, die erklärte, auf einen niedrigeren Preis für seine Twitter-Übernahme zu spekulieren.
Gerüchte darüber, dass Gates, der einen Großteil seines Microsoft-Vermögens für wohltätige Zwecke zugesagt hat, auf fallende Kurse bei Tesla spekuliert, gibt es schon seit mindestens Anfang 2021. Damals sprach Musk in einem Interview von einer „riesigen“ Short-Position, und Gates nutzte kurz darauf eine Gelegenheit nicht, diese zu dementieren. In diesem April kam dann die Bestätigung durch den Tesla-Chef: Auf Twitter ließ er erkennen, dass ein von einem seiner Follower veröffentlichter SMS-Austausch zwischen ihm selbst und Gates authentisch ist. Darin fragte er direkt, ob der die Position in Höhe von 500 Millionen Dollar noch habe, und Gates antwortete, er habe sie leider nicht geschlossen.
It was $500M, but then Tesla went up a lot, so now it’s $1.5B to $2B to close it out
— Elon Musk (@elonmusk) May 28, 2022
In der Nacht auf Samstag dann erweckte Musk zunächst den Eindruck, dass Gates in noch viel größerem Umfang negativ spekuliert. Er vertraue dem Microsoft-Gründer nicht, weil er eine „Multi-Milliarden-Short-Position in Tesla“ habe und gleichzeitig behaupte, sich am Kampf gegen Klimawandel zu beteiligen, schrieb Musk auf Twitter. Auf Nachfrage erklärt er dann, das Volumen habe anfangs eine halbe Milliarde Dollar betragen und sich seitdem durch starke Kursgewinne bei Tesla auf 1,5-2 Milliarden Dollar erhöht.
Gates wehrt sich gegen Musk-Vorwurf
Die Definition von „Multi-Milliarden“ erfüllt das wohl nur mit etwas Mühe. Abgesehen davon spricht Musks Erklärung dafür, dass Gates seine Spekulation gegen Tesla schon früh begann. Denn nach einem Ausflug auf mehr als 1200 Dollar Ende 2021 und einem Absturz in diesem Jahr kostet die Tesla-Aktie derzeit kaum mehr als im Februar 2021, als erstmals von dem Leerverkauf die Rede war. Wäre Gates erst in dieser Zeit eingestiegen, hätte sich das Volumen seiner Position also bis heute nicht durch Kurs-Bewegungen vervielfachen können. Für ein Drittel selbst des inzwischen wieder dezimierten aktuellen Kurses bekam man Tesla schon ab Mitte 2020 nicht mehr.
Im September des Jahres hatte sich Gates in einem Blog-Beitrag positiv über Elektroautos geäußert, aber auch erklärt, im Schwerlast- und Flug-Verkehr hätten Akku-Antriebe keine Chance. Nachdem ihm Musk in diesem April öffentlich die Klima-Glaubwürdigkeit absprach, verteidigte er sich allerdings mit der Aussage, die Wette gegen Tesla habe nichts mit Klimawandel zu tun, sondern diene nur der finanziellen Diversifizierung. Keineswegs sei er gegen eine weitere Verbreitung von Elektroautos, sagte Gates Anfang Mai in einem BBC-Interview. Diese bedeute aber nicht, dass irgendwelche Unternehmen unendlich wertvoll würden, sondern bringe im Gegenteil mehr Wettbewerb.