Seine Ausnahme für E-Fuels wird Porsche wohl doch nicht bekommen. Angesichts des Angriffs auf die Ukraine hat Bundesumweltministerin Stefi Lemke laut einem Bericht von Politico in dieser Woche erklärt, die deutsche Regierung trage voll die EU-Absicht mit, dass ab 2035 keine Autos mit Verbrennungsmotor mehr neu zugelassen dürfen. Im Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung war noch von Einsatz dafür die Rede, dass das nicht für Verbrenner gelten soll, die nur E-Fuels tanken können. Der fällt jetzt wohl aus. Vielleicht braucht Porsche die Ausnahme aber auch gar nicht mehr, denn zwei Tage gab das Unternehmen deutlich ehrgeizigere Elektroauto-Ziele bekannt.
Porsche-Ziel jetzt 80% reine Elektroautos
Dass das eine Reaktion auf das Umschwenken der Ampel war, dürfte sich ausschließen lassen. Denn CEO Oliver Blume (auf dem Foto oben links) hatte schon in diesem Februar erklärt, bei der Erhöhung des eigenen Elektroauto-Anteils komme Porsche schneller voran als geplant. Ende des Monats gab der VW-Konzern zudem die Absicht bekannt, den Sportwagen-Hersteller einzeln an die Börse zu bringen, und dort sind die Bewertungen für verkaufte und geplante Elektroautos deutlich höher als für konventionelle.
Seit Februar 2021 lautete das offizielle Porsche-Ziel, bis 2030 einen Anteil von 80 Prozent Elektroautos bei neuen Verkäufen zu erreichen. Wie bei Marken des VW-Konzerns manchmal üblich, schloss das aber Plugin-Hybride mit ein, was viel Spielraum für die Ambitionen bei Elektroautos im engeren Sinn ließ. In einer Pressemitteilung zum Jahr 2021 aber wurde CEO Blume am Freitag konkreter – und viel mutiger: Es bleibt bei den 80 Prozent bis 2030, doch es kam ein „mehr als“ davor hinzu, und das Ziel bezieht sich jetzt nur noch auf rein elektrische Autos.
Damit reiht sich Porsche in eine lange Liste von Herstellern ein, die ihre Elektroauto-Ziele anheben – in den vergangenen Wochen zum Beispiel Ford, Hyundai, Stellantis und zuletzt, wenn auch gewohnt zurückhaltend, BMW. Doch Porsche hat sich in dieser Hinsicht mit am meisten vorgenommen. Zudem könnte die neue Ankündigung bedeuten, dass das Unternehmen 2030 keinerlei Plugin-Hybride mehr im Programm haben will, wenn nicht ein paar davon in die unter 20 Prozent der Porsche-Neuwagen umgeplant wurden, die in dem Zieljahr noch nicht reine Elektroautos sein sollen.
2021 mehr Taycan verkauft als 911
Für E-Fuels machte sich Porsche bislang mit Blick auf seinen Klassiker 911 stark, der noch möglichst lange als Verbrenner angeboten werden soll, während die anderen beliebten Modelle zunehmend elektrisch werden. Der Wegfall der Unterstützung durch die deutsche Ampel dürfte darauf hinauslaufen, dass diese 911-Pläne zumindest für die EU nicht mehr aufgehen. Die Porsche-Ziele für Elektroautos könnten also bald noch ehrgeiziger werden. Auch damit dürfte das Unternehmen leben können, denn wie es am Freitag mitteilte, wurden 2021 erstmals mehr Taycan verkauft als 911er, obwohl der gegenüber 2020 selbst noch zulegte. Insgesamt verkaufte Porsche mit 301.915 Stück zum ersten Mal mehr als 300.000 Autos. Zusammen mit Plugin-Hybriden machte der Elektroauto-Anteil daran in Europa knapp 40 Prozent aus.