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Riesig, nicht rasant, viel Komfort: Mercedes will mit EQS Elektroauto-Luxus neu definieren

Mercedes-EQ, EQS 580 4MATICMercedes-EQ, EQS 580 4MATIC

Bilder: Mercedes

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Nach langem Vorlauf und mit reichlich Material für die Presse hat Mercedes am späten Donnerstag den EQS vorgestellt, das erste Elektroauto aus dem eigenen Haus, das auf einer speziell für den neuen Antrieb entwickelten Plattform realisiert wurde. Der EQS soll das elektrische Pendant zur S-Klasse darstellen, also als erstes Elektroauto echten Luxus bieten, und definiert laut Mercedes dieses Segment neu. Luxuriös ist auf jeden Fall seine Reichweite, die möglicherweise sogar über der des neuen Tesla Model S liegen wird. Allerdings zeigten sich schon im Vorfeld leichte Infotainment-Schwächen beim EQS. Und Mercedes hat inmitten der Informationsflut immer noch nicht verraten, was sein Edel-Elektroauto eigentlich kosten soll.

Wieder einmal ein „Tesla-Fighter“

Eine Zeitlang wurden neue Elektroautos etablierter Hersteller nicht mehr so häufig als Tesla-Killer bezeichnet, aber mit dem Mercedes EQS scheint das wieder in Mode zu kommen. Unter anderem die Deutsche Bank schrieb vor der Vorstellung zumindest von einem „Tesla-Fighter“, was von Medien gerne aufgegriffen wurde. Das deutsche Luxus-Elektroauto könne „die Spielregeln verändern“, hieß es laut Berichten in einer Studie. Dass sich das eher auf Mercedes selbst bezog als auf die ganze Branche, wurde zumindest in den Überschriften gern unterschlagen.

Ein Tesla-Rivale ist der Mercedes EQS jedenfalls schlicht deshalb tatsächlich, weil er die erste Alternative zum Model S als große Limousine mit Elektro-Antrieb darstellt. Deutschen Autobauer-Tugenden entsprechend dürfte der EQS zudem nach Belieben individualisierbar sein, wenn auch zu untugendhaft hohen Aufpreisen. Und als Luxus-Auto eines in diesem Segment lange erfahrenen Herstellers bietet er natürlich verschiedene Extras wie Massage-Sitze, um die sich Tesla bislang nicht gekümmert hat. Außerdem ist der EQS mit 5,22 Metern noch länger als die US-Limousine und übertrifft sogar minimal die eigene S-Klasse.

Mercedes-EQ, EQS 580 4MATICMercedes-EQ, EQS 580 4MATIC

Mit Blick auf die Reichweite könnte Mercedes Tesla sogar bei einem reinen Elektroauto-Faktor übertreffen. Mit bis zu 770 WLTP-Kilometern wird sie jetzt angegeben. Das sind mehr, als Tesla für das neue Model S auf seinen deutschen Webseiten nennt, doch diese 663 Kilometer sind nur eine Umrechnung der US-Reichweite nach der strengeren US-Norm EPA. Trotzdem wird der EQS mindestens eine Zeitlang das Elektroauto mit der größten Reichweite auf dem europäischen Markt sein. Denn als Start der Auslieferungen nannte Mercedes jetzt diesen Sommer, während Tesla Model S erst im November wieder nach Europa liefern will.

Mercedes EQS als AMG-version geplant

Der wichtigere Aspekt ist hier aber: Die Reichweiten zumindest teurer Elektroautos werden allmählich so hoch, dass sie über jeden Praxis-Zweifel erhaben sind – Konkurrenz belebt das Geschäft. Lange behalten dürfte der Mercedes die Krone auch deshalb nicht. Aus den USA steht zum einen der Lucid Air an, der sich die S-Klasse als Konkurrenz ausgesucht hat und sogar nach EPA mehr Reichweite bietet als der EQS nach WLTP. Und Tesla will im kommenden Jahr das Model S als neues Plaid+ bringen, das dann ebenfalls mehr als 800 Kilometer nach EPA schaffen soll.

Bei der Beschleunigung seiner elektrischen Luxus-Limousine überlässt Mercedes (anders als Lucid) die Spitze offenbar gern Tesla. In der effizienteren Version mit Heckantrieb braucht der EQS 6,2 Sekunden, bis er aus dem Stand 100 Stundenkilometer erreicht hat, als 580 4Matic immer noch 4,3 Sekunden, also länger als alle Performance-Teslas und viele normale. Wahrscheinlich nimmt Mercedes hier Rücksicht auf seine AMG-Verbrenner, die ebenso wie EQ (nur mit ganz anderer Ausrichtung) eine eigene Sub-Marke bekommen haben. Ein Elektroauto als Mercedes-AMG wäre so gesehen ein Paradox. Tatsächlich aber soll es in Zukunft noch einen schnelleren EQS mit 560 kW Systemleistung und dem Beinamen AMG geben.

Tesla und Mercedes mit eigenen Schwerpunkten

Wohl ebenfalls übertreffen wollte Mercedes Tesla beim Infotainment-Luxus, der bislang eine weitere Spezialität des US-Pioniers darstellt. Statt nur drei Bildschirme wie Tesla in aufgefrischten Model S und Model X bietet der deutsche Hersteller optional eine ganze Armada davon an, allein drei davon unter einem gemeinsamen Glas über die gesamte Cockpit-Breite. Ein Tech-YouTuber kritisierte daran die mäßige Auflösung und ein altes Samsung-Tablet in neuer Hülle für den Fond – während Tesla in seine Premium-Modelle einen Computer auf dem Niveau aktueller Spielkonsolen steckt.

Angaben zu den Preisen des Mercedes EQS stehen wie erwähnt noch aus. Die konventionelle S-Klasse ist ab knapp unter 100.000 Euro zu haben, in dieser Region dürfte also auch ihr Elektroauto-Pendant starten. Das Tesla Model S kostet in Europa derzeit ab 87.000 Euro, als neue Plaid-Version werden es 117.000 Euro. Die Preisklasse und die elektrischen Kern-Stärken sind also ähnlich, die Ausrichtungen von Tesla und Mercedes aber doch ganz unterschiedlich.

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