Die Mission von SpaceX ist laut dem Gründer Elon Musk eigentlich zivil und friedlich, nämlich der Menschheit ein Weiterexistieren auf fernen Planeten zu ermöglichen – dafür will er später sogar das mit Tesla verdiente Milliarden-Vermögen einsetzen. Das ändert allerdings nichts daran, dass die Arbeit von SpaceX auch erhebliche politische und militärische Bedeutung hat: Durch das Musk-Unternehmen haben die USA jetzt wieder ein eigenes System für den Transport von Menschen und Satelliten ins All, und in der Ukraine helfen Starlink-Empfänger für Satelliten-Internet von SpaceX bei der Verteidigung gegen den russischen Angriff. Laut einem Bericht beschäftigt sich das US-Militär sogar mit der Möglichkeit, mit Raketen des Unternehmens schnelle Eingreiftruppen in weit entfernte Länder zu bringen.
In 1 Stunde an jeden Punkt der Erde
Mit der wiederverwendbaren Rakete Falcon-9 fliegt SpaceX seit der ersten bemannten Mission im Mai 2020 inzwischen regelmäßig Crews und Nachschub zur Internationalen Raumstation. Noch viel größer und stärker soll das neue Starship-System werden, das Musk auch für Mond- und Mars-Missionen vorgesehen hat. Der erste Orbital-Test von Starship steht noch aus, wohl hauptsächlich, weil SpaceX noch keine Genehmigung für den Start der mit Booster-Stufe riesigen Rakete hat.
Aber mit Starship will Musk nicht nur in den Weltraum, sondern auch Menschen suborbital mit vielfacher Schallgeschwindigkeit von Punkt zu Punkt auf der Erde bringen, wie er vor zwei Jahren konkretisierte. Erstmals war bei SpaceX sogar schon 2017 davon die Rede. Und das muss auch das US-Verteidigungsministerium fasziniert haben: Im Oktober 2020 gab die Pentagon-Einheit USTRANSCOM eine Partnerschaft mit SpaceX bekannt. Ähnlich wie zuvor Musk für die zivile Nutzung erwähnte sie, mit Raketen sei jeder Ort der Welt innerhalb einer Stunde zu erreichen (s. Bild oben). Dabei sollte es hauptsächlich um schnellste Fracht-Transporte gehen. Doch wie jetzt die Publikation The Intercept herausfand, denkt das Pentagon auch an eine Zukunft, in der Starships neben Gerät auch Soldaten zu Notfall-Einsatzorten bringt.
Denn im vergangenen Jahr veröffentlichte USTRANSCOM einen Zwischenbericht, den The Intercept jetzt im Rahmen einer offiziellen Anfrage erhielt. Eines von drei Szenarien für den Starship-Einsatz darin wird als „Embassy Support“ bezeichnet. Die Fähigkeit zu raschem Transport von den USA nach Afrika könne sich als extrem wichtig für die Unterstützung der Mission des Außenministeriums auf dem Kontinent erweisen, heißt es dazu. Diese Fähigkeit verstehe sich potenziell einschließlich „quick reaction force“, also dem, was laut The Intercept beim Militär üblicherweise für eine bewaffnete Truppe für schnelle Einsätze steht. Schon eine solche Nutzung der SpaceX-Rakete demonstrieren zu können, werde nicht-staatliche Akteure möglicherweise vor Angriffe zurückschrecken lassen.
Pentagon bestätigt Programm mit SpaceX
Nähere Angaben zum Truppen-Transport per Starship enthält der Bericht offenbar nicht, doch laut The Intercept klingt das Szenario nach Fällen wie 2012, als militante Gruppen eine diplomatische US-Anlage in Libyen angriffen. Damals konnte nicht schnell genug Unterstützung in die Stadt Bengasi gebracht werden. Welche Fortschritte das Programm mit SpaceX seit 2021 gemacht hat, ist ebenfalls nicht bekannt. Auf jeden Fall bereits überholt ist die mahnende Information in dem Pentagon-Dokument, dass bislang alle Starship-Flugtests in Explosionen endeten – im Mai 2021 gelang die erste saubere Landung.
Auf Anfrage bestätigte ein USTRANSCOM-Sprecher The Intercept, dass die Beschäftigung mit dem System auch Soldaten-Transporte umfasst. In fünf bis zehn Jahren könne diese Zukunft Realität sein, und man freue sich darauf, erklärte er laut dem Bericht. Allgemein verspreche das Tempo von Weltraum-Transport mehr Optionen und Entscheidungsfreiheit für die militärische Führung und mehr Dilemmata für Gegner. Ein Experte ordnete das Starship-Konzept allerdings in den Bereich der „Fantasie-Waffen“ mit Weltraum-Bezug ein, wie sie das Pentagon seit Jahrzehnten immer wieder vorschlage. Und wenn diese Science-Fiction mit Hilfe von Tesla- und SpaceX-Chef Musk doch Realität wird, könne sich ein neues Problem stellen: Andere Länder könnten ein ähnliches System entwickeln, was den USA gewiss nicht recht wäre.