Bild: Tesla (Archiv)
Für einen seiner gelegentlichen öffentlichen Auftritte hat sich Tesla-CEO Elon Musk erneut China ausgesucht – jedenfalls virtuell, denn die World Artificial Intelligence 2020 fand zwar in Schanghai statt, aber Musk war nur per Video-Bildschirm zugeschaltet. Aus irgendeinem Grund untermalt von gut hörbarer Piano-Musk beantwortete er Fragen zum Thema der Konferenz, also hauptsächlich zum Autopilot-System von Tesla, und zeigte sich dabei gewohnt zuversichtlich: Vollständig autonomem Fahren stünden keine grundsätzlichen Probleme mehr entgegen, sagte er unter anderem.
Tesla-Chef will höchste Stufe
Bei solchen Äußerungen von Musk muss man genau hinhören, woran er selbst gelegentlich erinnert. „Ich denke, ich bin weiterhin zuversichtlich, dass wir die Grundfunktionalität für Autonomie auf Level 5 dieses Jahr fertig haben“, sagte er jetzt. „Ich denke, wir bei Tesla – ich habe das Gefühl, dass wir sehr nah an Autonomie Level 5 sind.“ Beides ist vorsichtiger formuliert, als es manchmal wiedergegeben wird.
Das allerdings könnte auch damit zusammenhängen, dass der Tesla-Chef ansonsten in die Vollen geht. Seiner Meinung nach gebe es keine grundlegenden Probleme mehr, die Level 5 entgegenstehen würden, sagte er weiter. Level 5 steht für die höchste Stufe von autonomem Fahren, wie von der Organisation SAE International definiert: ohne Fahrer-Eingriffe unter beliebigen Bedingungen, mit denen auch ein Mensch zurechtkommen würde. Bisher liegen Tesla und andere Anbieter erst bei Level 2, der teilweisen Automatisierung von Lenken sowie Beschleunigen und Bremsen.
https://www.youtube.com/watch?v=xBysm4_OceI
Dass Musk jetzt von Level 5 schon in diesem Jahr sprach, sollte aber nicht so verstanden werden, dass die Elektroautos von Tesla bald als die erhofften Roboter-Taxis auf Straßen weltweit gelassen werden. Schon vor kurzem hatte er gesagt, Tesla-Besitzer müssten nur noch zwei bis vier Monate warten, dann werde eine Fülle neuer Autopilot-Funktionen fertig programmiert sein. Vor der Freigabe durch Tesla müsse aber jeweils ihre Sicherheit belegt werden, schränkte der CEO ein. Und erst anschließend, so hat er schon früher erklärt, könne eine behördliche Zulassung auf der Grundlage umfangreicher Praxis-Daten erfolgen.
Kein Lidar für Tesla
Aber all das sind nach der Darstellung von Musk bei der Konferenz nur noch Kleinigkeiten – „es gibt viele kleine Probleme“, sagte er, nachdem er die fundamentalen für gelöst erklärt hatte. Doch auch um die kleinen Sachen muss sich Tesla natürlich noch kümmern (damit meinte er wahrscheinlich neuronale Netze für bestimmte Teil-Aufgaben), dann alles zusammenführen, und dann das Problem des „long tail“ angehen – viele unerwartete Situationen mit einem Auto, in die man nur in der Realität geraten kann, nicht in einer Simulation zum Autopilot-Training. „Nichts ist komplexer oder merkwürdiger als die echte Welt“, sagte der Tesla-Chef.
Und er bekräftigte bei der Gelegenheit noch einmal, dass für autonomes Fahren selbst der höchsten Stufe die aktuell in den Elektroautos von Tesla verbaute Hardware mit Kameras, Sensoren und dem eigenen FSD-Computer ausreichen werde – davon sei er „absolut überzeugt“. Es gehe bei Tesla jetzt nur noch um Software-Verbesserungen, um Level 5 zu erreichen. Skeptiker erwarten seit langem, dass Musk zumindest zusätzlich Lidar-Technologie nutzt, während er selbst das konsequent ausschließt.