Bild: Tesla (Symbolfoto)
Bekommen kranke Beschäftigte der deutschen Tesla-Fabrik bald Besuch vom reichsten Mann der Welt? Das erscheint möglich, nachdem Mitte der Woche bekannt wurde, dass lokales Führungspersonal damit begonnen hat: CEO Elon Musk kündigte an, sich selbst mit dem Thema zu beschäftigen. Die Aktie von Tesla setzte unterdessen ihren Höhenflug fort, getrieben von Erwartungen für das dritte Quartal und der Robotaxi-Veranstaltung am 10. Oktober. Der aktuelle Stand der Autonomie-Software FSD ist laut einer Studie allerdings wenig überzeugend. Wieder in Deutschland, machte Wirtschaftsminister Robert Habeck Hoffnungen auf neue Elektroauto-Kaufanreize zunichte – aber Volkswagen senkte von sich aus den Preis für den kompakten ID.3, und weitere bezahlbare Modelle kommen.
Tesla-Führung besucht Kranke zuhause
Das Handelsblatt erhielt nach eigenen Angaben einen Tonband-Mitschnitt einer Betriebsversammlung, bei der es unter anderem um das Thema hoher Fehlzeiten in der Tesla-Gigafactory in Grünheide bei Berlin ging. Für August wurden sie auf bis zu 17 Prozent beziffert, für September auf 11 Prozent. Dieses Problem plagt die lokale Führung schon länger, und nachdem sie es zunächst mit Prämien für nur selten fehlende Beschäftigte versuchte, macht sie jetzt offenbar zusätzlich Druck: Der Werksleiter Andre Thierig soll von Kontrollen bei Krankgemeldeten zuhause berichtet haben – und von aggressiven Reaktionen der Besuchten.
Viele Reaktionen gab es auch auf den Handelsblatt-Bericht, unter anderem von Thierig, der die Praxis auf Anfrage der Agentur dpa verteidigte. Demnach seien derartige Besuche in der Wirtschaft allgemein üblich, und mit Blick auf die Gigafactory-Belegschaft gebe es Anzeichen dafür, „dass das deutsche Sozialsystem ein Stück weit ausgenutzt wird“. Kritik der IG Metall, dass Überforderung zu den hohen Fehlzeiten bei Tesla führe, wies er zurück. Arbeitsrechtler bestätigten, dass Hausbesuche bei Kranken nicht verboten seien. Tatsächlich ist die Quote in der Gigafactory viel höher als im deutschen Durchschnitt, der laut DAK im Fahrzeugbau 2023 bei 5,2 Prozent lag.
This sounds crazy. Looking into it.
— Elon Musk (@elonmusk) September 26, 2024
Tesla-Chef Musk war über die direkte Ansprache von Krankgemeldeten offenbar zuvor nicht informiert, denn am Freitag kommentierte er eine X-Meldung darüber mit der Aussage, das höre sich verrückt an – womit er vermutlich nicht die neue Besuchspraxis meinte, sondern die Daten zum hohen Krankenstand. Er werde sich damit beschäftigen, kündigte Musk an, der schon mehrere Male zu Gast in der deutschen Elektroauto-Fabrik von Tesla war. Unkonventionell genug auch für persönliche Kranken-Visiten wäre er jedenfalls.
Großes Tesla-Event am 10. Oktober
Für Begeisterung und einen weiteren steigenden Aktienkurs sorgte am Donnerstag die Bestätigung, dass für den 10. Oktober eine bedeutende Veranstaltung geplant ist. Nach früheren Angaben von Musk soll bei dem jetzt nur noch als „10/10“ bezeichneten Tesla-Event unter dem Motto „We, Robot“ unter anderem ein „Robotaxi“ präsentiert werden, also wohl ein völlig autonom fahrendes Elektroauto. Ungefähr zur gleichen Zeit erhielten Teilnehmer an einer Ticket-Verlosung dafür ihre Einladungen. Darin wird die „offizielle Enthüllung der Zukunft von Autonomie“ angekündigt.
Beobachter rechnen damit, dass Tesla am 10. Oktober nicht nur sein Robotaxi zeigen, sondern auch Neuigkeiten zum Projekt Optimus verkünden wird, einem humanoiden Roboter, der erst vor drei Jahren überraschend Teil der Produkt-Planung wurde. Beides zusammen wird von CEO Musk als „Autonomie“ bezeichnet und soll den Börsenwert von Tesla potenziell auf 30 Billionen Dollar steigen lassen – mehr als das 30-Fache des aktuellen Niveaus von gut 800 Milliarden Dollar. Nach der Termin-Bestätigung schrieb Musk auf X, die „We, Robot“-Veranstaltung sei für Geschichtsbücher geeignet. Von anderen Mitgliedern des Tesla-Managements kamen ähnliche Verheißungen.
FSD-Fahren mit vielen Interventionen
Die heute kaufbaren Elektroautos von Tesla scheinen von wirklich autonomem Fahren allerdings noch weit entfernt zu sein. Bislang ist die Autopilot-Option FSD (für Full Self-Driving, neuerdings mit der Einschränkung „supervised“ dahinter) rechtlich nur ein Assistenz-System. Manche Kunden äußern sich bei jeder neuen Version davon begeistert, und auch ein Analyst der Investmentbank Baird zeigte sich am Dienstag angetan von den Fortschritten mit FSD 12.5. Sie zeige, dass Tesla dem Ziel näher komme, sagte er nach Tests dem Finanzsender CNBC.
Baird Tesla analyst Ben Kallo on FSD: “We’ve had the opportunity to ride in different iterations of (FSD) v12 & most recently v12.5 maybe 2 weeks ago. The pace of progress is accelerating. This is because they are no longer compute constrained. They have millions of cars on the… pic.twitter.com/8IHC2IDtSa
— Sawyer Merritt (@SawyerMerritt) September 24, 2024
Als „beeindruckend“ bezeichnete laut einer Presse-Mitteilung auch der Tests-Chef der Auto-Beratungsfirma AMCI Testing die neuesten Versionen der FSD-Software, zumal Tesla als Sensoren dafür nur noch Kameras verwende. Beim bislang wohl ausgiebigsten Test über 1000 Meilen sei jedoch alle 13 Meilen eine menschliche Intervention erforderlich gewesen. Besonders tückisch dabei sei, dass sehr ähnliche Straßen-Szenarien mehrmals perfekt gemeistert würden, das System aber manchmal beim nächsten Versuch versage. Bis zu echten Robotaxis habe Tesla deshalb noch einen weiten Weg zurückzulegen, schreibt AMCI.
Am 10. Oktober könnte sich zeigen, ob Tesla mit seinem Robotaxi möglicherweise Abkürzungen gefunden hat und inwiefern sich die Hardware-Ausstattung von den bisherigen Elektroautos des Unternehmens unterscheidet; eigentlich sollte sie schon seit 2019 für echte Autonomie ausreichend sein. Europäische Tesla-Kunden können die FSD-Option ebenfalls seit Jahren kaufen, haben aber noch nicht die gleichnamige Software auf ihren Model 3, Model Y, Model S oder Model X. Dafür müsste sie anders als in den USA zunächst behördlich zugelassen werden. Sitzungen auf Ebene des supranationalen Gremiums UN-ECE dazu brachten bislang anders als erhofft keinen Durchbruch.
Keine neue Elektroauto-Kaufprämie
Eine Art Enttäuschung für Freunde von Elektroautos nicht nur von Tesla in Deutschland lieferte am Montag auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck. Nachdem Volkswagen mit der Meldung geschockt hatte, mangels Nachfrage möglicherweise deutsche Werke schließen zu müssen, berief er ein Auto-Gipfeltreffen ein. Im Vorfeld wurde die Neueinführung einer Elektroauto-Kaufprämie gefordert, wie sie bis Ende 2023 in einer Höhe von 6000 Euro bezahlt wurde. Damit wird es aber zunächst einmal nichts, wie Habeck laut n-tv nach dem Treffen erklärte, auch weil es an Geld im Bundeshaushalt fehle.
Damit wird Volkswagen vorerst aus eigener Kraft den Elektroauto-Absatz steigern müssen, um die ab 2025 strenger werdenden CO2-Vorgaben der EU einzuhalten. Nach dem ergebnislosen Habeck-Termin ging das Unternehmen tatsächlich einen Schritt in diese Richtung: Der Preis für das Basis-Modell des VW ID.3 soll ab Oktober um rund 3600 Euro auf 33.330 Euro sinken, meldete die Automobilwoche. Zusammen mit einem bis Jahresende geltenden Rabatt von 3570 Euro für VW-Elektroautos ergibt sich für Kunden so ein neuer Startpreis von 29.760 Euro, also knapp unter der runden Marke von 30.000 Euro.
Ungewissheit um Tesla für 25.000 Dollar
Die unterschreiten bislang nur wenige Elektroautos. Das Model 3 mit Heckantrieb (größer und mit mehr Reichweite als der Basis-VW) als der aktuell billigste Tesla zum Beispiel kostet in Deutschland mindestens 42.490 Euro. Am Donnerstag aber nannte der Stellantis-Konzern Preise für den T03 seines neuen chinesischen Partners Leap Motor, und der rein elektrische Kleinwagen soll in Europa ab 18.900 Euro erhältlich sein. Drohende EU-Strafzölle auf Elektroautos aus China, wegen denen Tesla im Vorfeld den Preis für das Model 3 um 1500 Euro erhöht hat, stellen das nicht in Frage, denn die Endmontage erfolgt in einem polnischen Werk von Stellantis.
Laut einer neuen Studie von Transport & Environment wird die Auswahl an bezahlbaren Elektroautos in den kommenden Jahren allgemein merklich zunehmen. Noch für 2024 stehen neben dem T03 von Leap der Fiat Grande Panda, der Hyundai Inster und der Citroen e-C3 auf dem Plan, alle für weniger als 25.000 Euro. Im nächsten Jahr sollen in der gleichen Preisregion VW ID.2, Skoda Epiq, Renault R5, Cupra Raval und BYD Seagull hinzukommen. Ohne Jahr wird zudem ein noch namenloser Tesla für etwa 23.000 Euro genannt. Das dürfte sich auf das Elektroauto für 25.000 Dollar beziehen, das Tesla ursprünglich schon 2023 auf den Markt bringen wollte und nach Berichten zugunsten des Robotaxis verschoben wurde. Dazu könnte es am 10. Oktober ebenfalls Neuigkeiten geben.