Bild: Tesla
Am Mittwoch hat Tesla seine Verkaufszahlen für das dritte Quartal 2024 bekannt gegeben, aber gemessen an den Reaktionen war das beinahe ein Nicht-Ereignis: Die knapp 463.000 ausgelieferten Elektroautos entsprachen fast der Konsens-Prognose, und die Tesla-Aktie fiel zunächst zwar kräftig, erholte sich am Freitag aber schon wieder. Stärker als an aktuellen Verkäufen sind Beobachter derzeit an der Robotaxi-Vorstellung am 10. Oktober interessiert. Dennoch geht es auch im bestehenden Programm weiter: Beim Tesla Model 3 in Europa kommt eine neue Heckantrieb-Version, Kunden müssen bald auf kostenloses Spotify verzichten, und Elektroauto-Importe aus China dürften teurer werden. In den USA ist der Cybertruck jetzt auch ohne Erstserien-Aufschlag bestellbar – und braucht zur Erledigung eines Rückrufs neue Software.
Tesla Model 3 mit höchster Reichweite
Mit der Highland-Auffrischung des Model 3 im Herbst 2023 verringerte Tesla die Zahl der Varianten von vier auf zwei, aber bald dürfte der alte Wert wieder erreicht sein: In diesem Frühjahr kam zunächst das neue Model 3 Performance, und jetzt entdeckte ein Beobachter die europäische Typ-Genehmigung für die letzte im Vergleich zu früher noch fehlende Version. Nach Angaben von @eivissacopter in dem Sozialmedium X wurde ein neues Model 3 mit großer Batterie und Heckantrieb EU-weit genehmigt, abgekürzt LR RWD. Auf 18-Zoll-Felgen soll es nach WLTP 729 Kilometer Reichweite haben.
https://twitter.com/eivissacopter/status/1842190205241180217
Damit würde Tesla einen neuen Reichweiten-König ins Programm nehmen. Derzeit stehen für das in dieser Hinsicht beste Model 3 mit großem Akku und Allrad (LR AWD) bis zu 678 Kilometer im Konfigurator (s. Foto oben) und mit größeren Felgen 629 Kilometer. Für das neu genehmigte Model 3 LR RWD soll laut @eivissa aber etwas weniger als der in Tests erzielte Maximal-Wert angegeben werden: 702 WLTP-Kilometer mit den Basis-Felgen und 640 Kilometer auf 19 Zoll. Im Konfigurator war es am Samstag noch nicht zu finden, weshalb auch der Preis noch offen ist, doch beides könnte sich im Lauf des Oktober ändern.
Tesla schafft kostenloses Spotify ab
Bestehende Tesla-Kunden erhielten in der zurückliegenden Woche unterdessen Post, die ihnen nicht gefallen dürfte: Per E-Mail informierte das Unternehmen, dass im Mobilfunk-Abo für 9,99 Euro pro Monat ab 1. Dezember keine kostenlose Nutzung des Musik-Dienstes Spotify Premium mehr enthalten ist. Wer ein eigenes bezahltes Spotify-Abo hat, kann die Login-Daten dafür auch in seinem Elektroauto eingeben und so weiterhin beim Fahren den Premium-Dienst nutzen. In den USA schafft Tesla kostenloses Musik-Streaming Anfang Dezember ebenfalls ab. Dort war es bislang über den kleineren Service LiveOne realisiert – die Aktie des Betreibers brach nach Bekanntwerden der Änderung ein.
Für Käufer eher unerfreulich ist auch die Tatsache, dass die EU-Mitgliedsstaaten am Freitag dem Vorschlag der Kommission zustimmten, in Zukunft Strafzölle auf Elektroautos aus China zu erheben. Diese wurden zum Teil individuell festgelegt und sollten zum Beispiel für Tesla laut einem Bloomberg-Bericht zuletzt 7,8 Prozent betragen, während für SAIC mit der Europa-Marke MG und dem deutschen Partner Volkswagen 35,3 Prozent vorgesehen sind. Nach Angaben der Kommission wird aber weiterhin intensiv an einer „alternativen Lösung“ gearbeitet. Insbesondere die Export-Nation Deutschland fürchtet chinesische Vergeltungsmaßnahmen.
China-Elektroautos dürften teurer werden
Laut einem Bericht der South China Morning Post versuchte Bundeskanzler Olaf Scholz in den vergangenen Wochen, andere EU-Staatschefs dazu zu bewegen, wie er mit Nein zu stimmen, hatte damit aber keinen großen Erfolg. Letztlich unterstützten zehn Länder einschließlich Frankreich den Strafzoll-Vorschlag der Kommission, fünf waren dagegen, der Rest enthielt sich. Wenn nicht doch noch eine Verhandlungslösung gefunden wird, dürften die zusätzlichen Zölle ab November erhoben werden – und aus China importierte Elektroautos auch westlicher Hersteller tendenziell teurer werden. Tesla hatte das beim Model 3 im Juli mit einer Preiserhöhung um 1500 Euro bereits vorweggenommen.
Wohl ebenfalls in Zusammenhang mit Zöllen nahm Tesla am Dienstag sein bislang billigstes Elektroautos in den USA aus dem Programm: das Model 3 mit kleinem Akku und Heckantrieb (RWD) für 39.000 Dollar. Dessen LFP-Akku aus China wurde durch höhere Batterie-Zölle teurer, und obendrein war dieses Model 3 nicht für US-Prämien in Höhe von 7500 Dollar qualifiziert. Wie zum Ausgleich ist neuerdings aber der Tesla Cybertruck jetzt nicht mehr nur mit dem 20.0000 Dollar teuren „Founder’s Edition“-Paket bestellbar: Frühe Reservierer in den USA meldeten, E-Mails mit der Einladung erhalten zu haben, den Cybertruck zu Preisen ab 79.990 Dollar fertig zu konfigurieren und zu bestellen.
Rückruf verrät Cybertruck-Produktionszahl
Wie viele der kantigen Pickups bislang produziert und verkauft wurden, behält Tesla für sich – die Zahlen für jedes Quartal werden nur zusammen mit Model S und Model X ausgewiesen. Über einen Rückruf wurden jetzt jedoch mehr Informationen darüber bekannt: Unter bestimmten Umständen kann es zu lange dauern, bis das Bild der rückwärtigen Kamera auf dem Bildschirm eingeblendet wird, was laut der Verkehrsbehörde NHTSA zur Behebung ein Software-Update erforderlich macht. Wie in vielen ähnlichen Fällen hatte Tesla zum Zeitpunkt der Veröffentlichung bereits begonnen, die neue Software zu verteilen, was auch diesen Rückruf finanziell relativ unbedeutend macht.
Darüber hinaus enthält das NHTSA-Dokument jedoch die Angabe, dass von Mitte November 2023 bis Mitte September 2024 nur 27.185 Cybertrucks produziert wurden. Die bisherige Gesamtzahl seit den ersten Auslieferungen zu Beginn dieses Zeitraums kann also kaum höher sein, obwohl Tesla die Produktionskapazität schon seit Ende 2023 mit „>125.000“ pro Jahr angibt. Die aktuelle de-facto-Preissenkung könnte zu höheren Cybertruck-Stückzahlen beitragen, mit denen sich die Kapazität in der Gigafactory in Texas besser auslasten lässt.
Tesla-Chef Musk nach Urteil optimistisch
Nachdem ausgerechnet der teuerste Tesla bislang darauf verzichten musste, meldeten jetzt außerdem erste Cybertruck-Besitzer, wie andere Kunden in Nordamerika die Autopilot-Software FSD für Full Self-Driving erhalten zu haben. Seit kurzem wird diese Bezeichnung in den USA mit dem Zusatz „supervised“ in Klammern eingeschränkt. Weil CEO Elon Musk schon seit Jahren davon spricht, dass wirklich autonomes Fahren bei Tesla praktisch schon erreicht sei, musste er sich unter anderem gegen eine Klage von Aktionären wehren, die sich davon getäuscht fühlten und Schadenersatz für Verluste an der Börse forderten. Doch am Montag wies ein Gericht dieses Ansinnen zurück – und von Musk kam auf X eine neue optimistische FSD-Ankündigung.
FSD will soon exceed 10,000 miles between critical interventions, which is a year of driving for most people
— Elon Musk (@elonmusk) October 4, 2024
Manche der kritisierten Musk-Aussagen bezogen sich nach Ansicht der zuständigen Richterin lediglich auf zukünftige Pläne, andere seien nicht direkt als falsch einzustufen, hieß es dazu. Die Tesla-Verteidigung soll dabei in vielen Fällen argumentiert haben, dass kein ernsthafter Anleger derartige Äußerungen des CEO für bare Münze nehme. Für den Blog Electrek hat Tesla damit diesen potenziell teuren Prozess gewonnen, dafür aber den Preis bezahlt, dass Musk-Aussagen gerichtlich als nicht ernst zu nehmen klassifiziert wurden. Der Tesla-Chef selbst zeigte sich auf X erfreut über das Urteil – und kündigte am Freitag an, „bald“ werde die FSD-Software mehr als 10.000 Meilen fahren können, bevor eine kritische menschliche Intervention erforderlich sei.