Aktuell macht ein Video eines Model S-Besitzers aus der Schweiz im Internet die Runde, welches bei der Fahrt mit einer Dashcam aufgenommen wurde. Auf dem nur wenige Sekunden langen Video ist zu sehen, wie ein Model S trotz eingeschaltetem Autopilot gegen einen stehenden Transporter fährt, ohne abzubremsen.
Nachtrag: Das Video ist mittlerweile nicht mehr öffentlich zugänglich. Stattdessen haben wir eine GIF-Datei angefügt.
Das TACC (Traffic-Aware Cruise Control) war laut dem Fahrer eingeschaltet, bremste jedoch nicht wie gewohnt ab. Auch der Notbremsassistent (AEB) hat keine Reaktion gezeigt. Die Kollisionswarnung sei laut dem Fahrer ebenfalls „deutlich zu spät“ angesprungen. Wie es heißt, habe das Model S kurz vor dem Aufprall sogar noch einmal beschleunigt.
Auf unsere Anfrage hin, hat uns der Fahrer folgenden Kommentar gegeben:
Zunächst mal ist es für mich klar, dass ich verantwortlich bin und den Unfall hätte verhindern können. Aber dennoch sehe ich ein Mitverschulden der Systeme. Wenn ich einem System nicht bis zu einem gewissen Grad vertrauen kann, dann kann ich das System nicht einsetzen und es hat keinen Wert für mich.
Damit ich die Systeme einsetzen kann, muss ich deren Limitierungen und Probleme genau kennen. Da hat Tesla gepatzt und ich habe bisher keine Erklärung bekommen warum z.B. das AEB nicht reagiert hat. Ich habe die Systeme beobachtet und die Situation vor mir gesehen, da sie für mich aber völlig klar und einfach war habe ich gewusst, dass das TACC oder zumindest das AEB korrekt reagieren würden. Deshalb habe ich mich auf den Verkehr rechts konzentriert und ein Lücke zum Einspuren gesucht.
Entgegen meiner Erwartung hat das TACC dann aber beschleunigt und so habe ich eine oder zwei Sekunden zu spät realisiert dass das System sich falsch verhält und selbst gebremst.
Der Autopilot war zwar eingeschaltet, er hat aber meiner Ansicht nach alles richtig gemacht und die Spur sauber gehalten. Nur das TACC hat falsch reagiert und das AEB hat komplett versagt. Eigentlich sollte das AEB so reagieren: https://www.youtube.com/watch?v=PzHM6PVTjXo&feature=youtu.be&t=2m19s
Mein Verhalten ändern kann ich nur, wenn ich weiss warum ein Fehler aufgetreten ist. Solange ich das nicht weiss, muss ich eigentlich davon ausgehen dass jederzeit wieder zufällige Fehlfunktionen auftreten können. Und damit dürfte ich weder den TACC noch den AP eigentlich einsetzen. Aber der Komfortgewinn ist leider doch sehr hoch.
Es ist ca. 4000.- Schaden entstanden. Der Stahl-Stossfänger hat die meiste Energie aufgefangen, ein Ultraschallsensor wurde zerquetscht. Und weil Tesla keine Ersatzteile liefern kann musste die Front repariert und neu lackiert werden.
Ein ähnlicher Unfall ereignete sich vor knapp einem Jahr in der Türkei. Dort ist ein Model S mit eingeschaltetem verkehrsadaptiven Tempomat gegen ein anderes Fahrzeug gefahren, da es anscheinend nicht erkannt hatte, dass das vordere Fahrzeug bremst. Auch in diesem Fall erklärte der Fahrer, dass das Model S kurz vor dem Aufprall sogar noch einmal beschleunigte.
Schaut man sich ein weiteres Video auf YouTube an, kann man durchaus ein Muster erkennen. Auch in diesem Fall versagt das verkehrsadaptive Tempomat, da vor dem Model S-Fahrer ein anderes Auto rechts abbiegt, sich dahinter aber ein weiteres, stehendes Auto vor einer roten Ampel befindet. Anscheinend nehmen die Sensoren des Tesla das abbiegende Auto wahr, reagieren aber dann nicht auf das Auto dahinter und leiten keinen Bremsvorgang ein. Ähnlich könnte es sich auch bei dem neuesten Unfall in der Schweiz abgespielt haben, da das vorausfahrende Auto vor dem stehenden Transporter die Spur wechselt.
Warnung: Der Abstandsgeschwindigkeitsregler verzögert/bremst eventuell nicht, wenn sich stehende Fahrzeuge vor Ihnen befinden. Dies kann insbesondere bei Fahrgeschwindigkeiten über 80 km/h geschehen, wenn das vor Ihnen fahrende Fahrzeug Ihre Spur verlassen hat und sich stattdessen ein stehendes Fahrzeug oder Objekt vor Ihnen befindet. Achten Sie stets auf die Straße vor Ihnen, und seien Sie jederzeit bereit, sofort korrigierend einzugreifen. Wenn Sie die Vermeidung von Kollisionen ausschließlich dem Abstandsgeschwindigkeitsregler überlassen, kann dies zu schweren oder tödlichen Verletzungen führen.
Tesla beschreibt im Handbuch somit genau diese Situation. Dennoch entsteht ein fader Beigeschmack, denn die Situation wirkt für Außenstehende überhaupt nicht kompliziert, weshalb wohl auch der Fahrer davon ausging, dass das Model S diese selbst meistern kann.