Vor den Beta-Test hat Tesla den Safety Score gesetzt: Eingeführt im vergangenen September, liefert das System eine Bewertung zwischen 0 und 100 Punkten für das individuelle Unfall-Risiko eines Fahrers, und nur wer mindestens 98 Punkte hat, kann zum Tester der Autopilot-Software FSD werden. Allerdings machten viele, die sich daran versuchen, die Erfahrung, dass man auch mit großer Zurückhaltung am Steuer für zu nahes Auffahren oder hartes Bremsen abgewertet werden kann. Ein Tesla-Besitzer in den USA hat deshalb jetzt einen Leitfaden für den perfekten Safety Score zusammengestellt – auch weil sich danach die Prämien für die Tesla-Versicherung richten.
3 Sekunden Zeit für schnelle Manöver
Er selbst habe am Anfang 97 Punkte gehabt und sich dann schnell auf 100 Punkte gesteigert, wo er seitdem geblieben sei, schrieb am Donnerstag das Mitglied Raurele in dem Forum Tesla Motors Club (TMC). Er wisse also, wovon er rede. Mit dem Safety Score wolle Tesla Fahrer für den FSD-Betatest trainieren, bot er als neue Erklärung für die manchmal merkwürdigen Bewertungen an. Nicht alles, was das System als gut oder schlecht einstufe, werde auch von Menschen so bewertet.
Eine Kurzversion seiner Erklärung könne er leider nicht anbieten, erklärt Raurele zu Beginn seines Beitrags. Er hat dann aber doch einen Tipp, den er als den wichtigsten bezeichnet: das „3-Sekunden-Fenster“. Denn bei Tesla könne man keine Strafpunkte sammeln, während das Autopilot-System den Großteil des Fahrens erledigt – und laut Raurele gilt das auch für drei Sekunden nach der Deaktivierung noch. Wenn man also kurz mal überholen oder eine Kurve schneller nehmen müsse, solle man die Autopilot-Steuerung direkt vorher ausschalten. Und das soll auch andersherum funktionieren: Wenn es nach so einem Manöver eng wird, den Tesla-Helfer vor Ablauf der drei Sekunden wieder aktivieren, und der Aufpasser wertet, als wäre nichts geschehen.
Auch die Detail-Tipps von Raurele für die Optimierung der Unterkategorien des Safety Score (s. Grafik oben) erfordern von Fahrern, sich auf eine nicht unbedingt natürliche Weise an das Bewertungssystem anzupassen. Das letztliche Ziel sei, möglichst viel vom Autopiloten erledigen zu lassen, damit man gar nicht erst in die Punkte-Verantwortung kommt. Dazu müsse man dem System eben vertrauen, empfahl Raurele. Manchmal braucht man dafür allerdings die teure Autopilot-Option, die auch für die Aufnahme in den Beta-Test Voraussetzung ist. Wie die Software selbst heißt sie FSD und kostet in den USA inzwischen 12.000 Dollar. Schon ohne Beta-Teilnahme kann man damit zum Beispiel automatisch auf Autobahnen einfädeln – laut Raurele wichtig, weil das in solchen Situationen nötige schnellere Beschleunigen sonst oft zur Abwertung führt.
Safety Score auch für Tesla-Versicherung
Ohne die FSD-Option hat man diese Möglichkeit nicht. Das ist insofern unbedeutend, als man ohne sie ohnehin nicht an dem Beta-Test teilnehmen kann. Aber der Safety Score dient auch als Grundlage der Prämien-Berechnung für die dynamische Tesla-Versicherung, die mittlerweile in mehreren US-Bundesstaaten angeboten wird. Wer kein FSD bezahlt hat, wird hier also auf gewisse Weise benachteiligt, weil ein jetzt bekannter Trick für einen besseren Safety Score nicht funktioniert.
In Europa gibt es derzeit weder den Beta-Test noch die Tesla-Versicherung, sodass diese Überlegungen eher theoretisch sind. Aber beides soll auch über den Atlantik kommen, die FSD-Software nach Aussagen von CEO Elon Musk vielleicht noch in diesem Sommer. Der Chef des Kraftfahrt-Bundesamts hat allerdings schon erkennen lassen, dass eine Teilnehmer-Auswahl nach Safety Score nicht zulässig wäre – ein System müsse so sicher sein, dass es bei jedem Fahrer funktioniere, begründete er das. Aber auch für die Tesla-Versicherung ist im nächsten Jahr ein Start außerhalb der USA geplant. Und hier könnte es sich ganz direkt auszahlen, die Tricks für den Safety Score zu kennen – wenn sie bis dahin noch funktionieren.