Bild: Tesla
China galt für Tesla zuletzt als sichere Bank inmitten der anhaltenden Coronavirus-Krise im Westen. In den USA darf Tesla seit Ende März keine Elektroautos produzieren, in der Gigafactory in Schanghai dagegen wurden schon Anfang Februar nach weniger als zwei Wochen Pause wieder Model 3 gebaut. Seitdem hatte Tesla Produktion und Verkäufe in China stetig gesteigert, aber jetzt wurden Zahlen für diesen April veröffentlicht, die nicht in das positive Bild passen: Laut dem Branchen-Verband CPCA hat Tesla in China im April nur gut 3600 Model 3 verkauft, zwei Drittel weniger als im Vormonat. Dabei soll die Produktion bei soliden 11.000 Elektroautos gelegen haben.
Verkaufte Tesla nur 1/3 der Produktion?
Über diese Zahlen berichteten Agenturen und darauf basierend US-Medien zunächst nur, ohne sie in einen Kontext zu stellen – Anfragen bei Tesla blieben wie fast üblich unbeantwortet. So blieb die Interpretation vorerst Tesla-Beobachtern im Internet vorbehalten. Dabei besteht eine Möglichkeit, die zunächst nicht intensiv diskutiert: Die Daten könnten schlicht falsch sein, denn die Veröffentlichung auf der CPCA-Website wurde wenig später zurückgezogen, wie ein chinesischsprachiger Twitter-Nutzer meldete. Allerdings habe der Verband die Angaben gegenüber lokalen Medien vorher bestätigt.
Insofern ist vorerst davon auszugehen, dass nicht die Veröffentlichung ein Fehler war, sondern die anschließende Löschung. In diesem Fall hätte Tesla nach einem weltweit überraschend starken ersten Quartal 2020 und ersten guten April-Zahlen im Westen in China zuletzt nur ein Drittel seiner dortigen Monatsproduktion verkauft. Der Verkauf hätte dann zugleich bei kaum mehr als einem Drittel des Rekord-Wertes von diesem März gelegen. Erkennbare Hinweise auf eine anschließende Absatz-Schwäche von Tesla in China hatte es vorher nicht gegeben.
CPCA pulled down its short monthly sales report from its official web and social media. The report includes Apr & Jan-Apr NEV PV sales Top 10.
No explanation was given.
Earlier, CPCA confirmed Tesla sales and production numbers via news agencies. https://t.co/Lgbm7oLMwx— Moneyball (@DKurac) May 11, 2020
Auf Twitter wurde vorsichtig die übliche Erklärung vorgeschlagen, Tesla-Verkäufe seien zu Beginn eines neuen Quartals immer schwach, um sich bis zu seinem letzten Monat jeweils rapide zu erhöhen. Tatsächlich war das schon häufig zu beobachten, in China sogar erst Anfang dieses Jahres, als der Absatz nur etwa halb so hoch war wie im starken Dezember 2019. Doch eigentlich müsste das bei Tesla bislang übliche Quartalsmuster in China seitdem durchbrochen sein, denn dort wird erstmals nur lokal für den lokalen Markt produziert; Tesla muss also nicht früh Elektroautos per Schiff in alle Welt schicken, damit sie vor Ende des jeweiligen Quartals bei ihren Bestellern sind.
Schnelle Tesla-Reaktion bei Kaufpreis
Wie ein Twitter-Kommentator dazu anmerkte, liegt die Gigafactory in Schanghai deutlich näher an Peking als zum Beispiel das Tesla-Werk Fremont an New York. Zudem war der Verkauf im April nur etwa so hoch wie im Januar 2020 – obwohl sich die Produktion in der lokalen Fabrik seitdem weit erhöht hat: Im April produzierte Tesla dort nach (auf Twitter weitergemeldeten) Daten des chinesischen Wirtschaftsministeriums gut 11.000 Model 3.
Ein zweiter Erklärungsansatz lautete, der Verkaufsrückgang habe mit veränderten staatlichen Anreizen zu tun. Tatsächlich hat die chinesische Regierung ihre Subvention für den Elektroauto-Kauf zuletzt gesenkt – aber erst in der letzten April-Woche und nur um zehn Prozent. Die Förderung für das lokale Model 3 hätte anschließend zwar Ende Juli ganz auslaufen können. Aber dem ist Tesla schon zuvorgekommen: Wenige Tage später kündigte CEO Elon Musk eine sofortige Preissenkung beim Tesla Model 3 unter die bald geltende Kaufpreis-Grenze von 300.000 Yuan (gut 39.000 Euro) an.