Bild: Volkswagen
Ob dieses Interview mit dem Volkswagen-Vorstandschef Herbert Diess abgesprochen war? Der Lenker des deutschen Auto-Konzerns zeigt sich seit einiger Zeit geradezu als Fan von Tesla – der Elektroauto-Pionier gehe schnell voran, und VW versuche, möglichst nah dranzubleiben, sagte er in diesem März, und im September bezeichnete er das Tesla Model Y als „Referenz“ in vielen Aspekten. Jetzt aber wurde auch sein Marketing-Vorstand Jochen Sengpiehl unter anderem zu Tesla befragt. Und der verstieg sich zu der Aussage, Tesla sei „doch auch nur ein Nischenhersteller“, während Volkswagen mit seinen Elektroautos in die breite Masse gehe.
„Tesla ist eine Top-Company“
Sengpiehl ist seit 2017 Chief Marketing Officer beim Volkswagen-Konzern. Bekannter wurde er zuletzt durch einen Skandal um rassistische Golf-Werbung, in dem sich VW aber letztlich entschloss, ohne „Bauernopfer“ (sowie ohne Personal-Konsequenzen in der Führung) weiterzumachen. Das aktuelle Interview mit ihm zu Tesla und anderen Marketing-Themen wiederum war möglicherweise gar nicht für die breite Öffentlichkeit bestimmt, denn es wurde anlässlich der Marketing-Messe Dmexco Mitte September geführt und zunächst nur auf deren Website als Podcast veröffentlicht. Dann aber griff es die Fach-Zeitschrift Horizont mit der Überschrift „Tesla ist eine Nischenmarke für Millionäre auf“.
Denn auf der einen Seite war Sengpiehl in dem Dmexco-Interview wie sein Konzern-Chef Diess voller Lob für Tesla und dessen CEO. „Wir bewundern Elon Musk“, sagte er. Der Tesla-Chef sei nicht nur ein Pop-Star, sondern auch ein Visionäre und treibe Volkswagen an. Ingenieure aus dem eigenen Haus hätten ein Model 3 zerlegt, was gezeigt habe, dass Tesla eine „Top-Company“ ist, die „aus einem Software-Spirit heraus diese Marke entwickelt hat “, sagte der oberste VW-Vermarkter in Manager-Deutsch mit schwäbischem Einschlag.
Tesla-Chef als VW-Botschafter
„Wir brauchen Pioniere“, erklärte Sengpiehl in dem Podcast mit Blick auf Musk und Tesla weiter, und auch Volkswagen sei jetzt Teil dieser Community. Dann allerdings zeigte er, wie er und VW den Elektroauto-Pionier wirklich zu sehen scheinen: Tesla „ist doch auch nur ein Nischen-Hersteller, und auch nicht gerade günstig“, sagte er. Volkswagen dagegen sei „stark im Bereich der Demokratisierung“. „Wir bringen es in Millionen von Autos“, sagte Sengpiehl und meinte vermutlich elektrisches Fahren. Sogar dem Tesla-Chef gefalle, dass Volkswagen damit „in die Skalierung gehe“ – das sei wohl der Grund, warum er sich bei seinem Deutschland-Besuch zur kurzen ID.3-Probefahrt mit Konzern-Chef Diess getroffen habe.
Musk sei sozusagen schon der neue Volkswagen-Markenbotschafter, sagte Sengpiehl im Scherz, doch tatsächlich hatte VW den Besuch des Tesla-Chefs für sein Marketing in sozialen Medien benutzt, und das offenbar nicht spontan. Anders als nach seinen Worten der ID.3 dürfte dieses Vorgehen Musk schon weniger gefallen haben – auch wenn er stets betont, Tesla wolle die angestrebte Wende zu Elektroautos keineswegs im Alleingang schaffen.
Kennt VW-Vorstand Tesla-Zahlen nicht?
So oder so dürfte Sengpiehl mit seiner Nischen-Einschätzung weit daneben gelegen haben – aber er ist nicht der einzige VW-Vorstand, der offenbar die Tesla-Zahlen nicht so genau kennt. Der CEO der Marke Volkswagen sagte vor kurzem, mit dem ID.4 wolle das Unternehmen Welt-Marktführer bei Elektroautos werden, denn allein davon werde man 2025 rund 500.000 Exemplare produzieren und insgesamt 1,5 Millionen Elektroautos. Nach bekannten Plänen will Tesla aber schon 2022 auf mindestens dieselbe Gesamtzahl kommen. Und die beim Batterie-Tag in dieser Woche genannten Zahlen zum Zell-Bedarf sprechen dafür, dass Tesla für 2030 mit mehr als 20 Millionen Elektroautos plant, also fast doppelt so vielen, wie heute alle VW-Marken zusammen pro Jahr produzieren.