Bei der Ansiedlung der europäischen Gigafactory von Tesla im deutschen Bundesland Brandenburg hat die Nähe zu Arbeitskräften im Westen des benachbarten Polen eine bedeutende Rolle gespielt. Dies geht aus Briefen von Ministerpräsident Dietmar Woidke und Wirtschaftsminister Jörg Steinbach an Tesla aus dem Jahr 2019 hervor, deren Inhalt jetzt von der Zeitung Welt am Sonntag (WamS) veröffentlicht wurde. Ein Sprecher der Wirtschaftsförderung Brandenburg bestätigte auf Nachfrage von teslamag.de, dass der westpolnische Arbeitsmarkt wichtig für die Entscheidung für den Standort Grünheide gewesen sei.
Wirtschaftsförderung wirbt mit Tesla
Grünheide habe „einen vorteilhaften Einzugsbereich sowohl auf den Brandenburger als auch auf den Berliner und den westpolnischen Arbeitsmarkt“, schrieb Ministerpräsident Woidke laut WamS in einem Brief an Tesla vom August 2019. Dass das Land Brandenburg die Tesla-Gigafactory als Flaggschiff der Strukturentwicklung im Osten versteht, wird auf der Webseite der Wirtschaftsförderung Brandenburg (WFBB) deutlich, der zentralen Anlaufstelle des Landes für Unternehmen, die in Brandenburg investieren wollen: Auf ihrer Startseite prangen Zeitungsberichte über die Giga Berlin getaufte Fabrik.
Die Pressestelle des WFBB bestätigte auf Anfrage von teslamag.de, dass vor allem der westpolnische Arbeitsmarkt eine wichtige Rolle bei der Entscheidung für den Standort Grünheide gespielt habe. Tesla habe bereits Stellenanzeigen auf Polnisch veröffentlicht. Tatsächlich erreichte teslamag.de kürzlich auch die E-Mail eines polnischen Interessenten für eine Stelle im geplanten Tesla-Werk.
Unmut über Entlastung aus dem Osten?
Damit wird ein Punkt deutlicher, der schon nach ähnlichen Berichten in dieser Richtung Mitte Januar für Aufregung sorgte. Darin war von „Unmut“ in der lokalen Bevölkerung die Rede, weil Tesla (auch) polnische Mitarbeiter suche. Der Eindruck hat sich offenbar gehalten, denn bei einer Telefon-Aktion des Satire-Magazins Titanic in Grünheide wurde einem angeblichen Tesla-Mitarbeiter vorgehalten, laut bösen Zungen wolle das Unternehmen „gar keine arbeitswilligen Deutschen einstellen„.
Auf der anderen Seite lag die Arbeitslosenquote im Tesla-Landkreis Oder-Spree zuletzt bei nur 6,4 Prozent. Das bedeutet nichts anderes, als dass vor Ort nicht genügend freie Arbeitskräfte zur Verfügung stehen dürften, sodass Verstärkung aus dem Osten und von anderswo eine lokale Übernachfrage verhindert.
Ministerpräsident versprach schnelle Arbeit
Darüber hinaus sollten die Briefe aus Potsdam offenbar auch klarstellen, dass Genehmigungsverfahren das Tesla-Projekt nicht unnötig verzögern würden. So schrieb Woidke in seinem Brief an Tesla: „Für alle im Zusammenhang mit der von Ihnen geplanten Investition erforderlichen genehmigungsrechtlichen Fragen (z. B. Umweltverträglichkeitsuntersuchung, immissionsschutzrechtliches Genehmigungsverfahren, Waldumwandlung) sichere ich Ihnen eine umgehende und schnelle Bearbeitung zu.“
Tatsächlich hat Tesla bereits im Januar die Zulassung für den vorzeitigen Beginn bauvorbereitender Arbeiten erhalten, sodass die ersten Rodungen auf dem 300 Hektar umfassenden Waldgrundstück vor Abschluss des Genehmigungsverfahrens vorgenmmen werden konnten. Auch der Bau der Fabrik selbst könnte laut Arne Christiani, Bürgermeister von Grünheide, noch vor Ende des Monats beginnen; einen ähnlichen Termin nannte später Wirtschaftsminister Steinbach.