Anfang Mai hat die Weltraumfirma Blue Origin von Amazon-Gründer Jeff Bezos eine Auktion für ihren ersten privaten Weltraumflug gestartet. Bei rund drei Millionen Dollar lag in dieser Woche das höchste Gebot, um als erster Passagier am 20. Juli in der Kapsel New Shepard mitzufliegen. Gut zehn Minuten wird der Flug dauern, mit Start in Van Horn im Westen von Texas, einige hundert Kilometer vom SpaceX-Startplatz in Boca Chica entfernt. Dann geht es auf gut 100 Kilometer Höhe, wo nach den meisten Definitionen das Vakuum des Weltraums beginnt. Mehrere Minuten kann man in der Kabine Schwerelosigkeit und den Blick auf den gekrümmten blauen Erdhorizont vor schwarzem Hintergrund genießen, ehe es an Fallschirmen zurück geht. Blue Origins Ansatz ist damit kein Orbitalflug in eine Erdumlaufbahn oder gar zur ISS, sondern fliegt lediglich am Weltraum-Rand entlang. Trotzdem könnte das, wenn es am 20. Juli klappt, der erste rein private touristische Weltraumflug sein. Denn SpaceX wird die ersten Touristen nicht vor Herbst ins All bringen, dann allerdings tatsächlich in eine Umlaufbahn.
SpaceX schlägt Blue Origin bei Nasa
Blue Origin gilt, trotz der Kapitalspritzen von Jeff Bezos als dem neuerdings wieder reichsten Menschen der Welt vor Tesla-Chef Elon Musk, als weniger risikofreudig, langsamer und weniger öffentlichkeitswirksam agierend als SpaceX. Zuletzt verlor Bezos Firma bei einer NASA-Ausschreibung gegen die von Musk, die den Zuschlag für einen Mond-Lander auf Starship-Basis erhielt.
Immerhin gab es bei Blue Origin in den letzten sechs Jahren 15 erfolgreiche Testflüge mit New Shepard. Zuletzt startete die Kapsel noch mit Dummys besetzt am 14. April und landete nach gut zehn Minuten an Fallschirmen in Texas. Zuvor war bereits der Booster mustergültig mittels Bremstriebwerken und Landebeinen aufgesetzt – der gleiche Ansatz, den SpaceX mit seiner Falcon-Rakete und seinen Starship-Prototypen verfolgt. Auch ein weiterer Anbieter, die Firma Virgin Galactic von Milliardär Richard Branson, testete kürzlich sein Raketen-Flugzeug SpaceShipTwo, das ebenfalls kurze suborbitale Weltraumflüge ermöglicht. Allerdings arbeitet das Unternehmen schon seit über zehn Jahren am Thema Weltraumtourismus und erlitt immer wieder Rückschläge. Die Touristenflüge mit SpaceShipTwo sollen nun 2022 beginnen.
New Shepard ist wesentlich kleiner und leistungsschwächer als das SpaceX-System. Denn die Bezos-Kapsel muss nicht auf 28.000 km/h für eine Erdumlaufbahn beschleunigt werden – für die gut 100 Kilometer Flughöhe reichen ein paar tausend Stundenkilometer aus. Sechs Touristen sollen bald in ihr Platz finden, für mindestens 200.000 Dollar pro Weltraum-Hüpfer; tagelange Reisen in den Orbit oder zur ISS kosten dagegen mindestens 50 Millionen Dollar. Den ersten und einzigen Sitz für den bemannten Premiere-Flug am 20. Juli hat Blue Origin für den Meistbietenden mit seiner Auktion reserviert, ansonsten werden nur Mitarbeiter mitfliegen. Bis zum 10. Juni kann das Gebot von zuletzt 2,8 Millionen noch erhöht werden, zwei Tage fällt dann bei einer letzten Live-Auktion die Entscheidung. Das Geld fließt an die Blue-Origin-Stiftung „Club for the Future“.
Spenden sammeln mit Raketen
Auch die erste touristische Mission von SpaceX akquiriert Geld für gute Zwecke. Der US-Milliardär Jared Isaacman hatte im Februar bekanntgegeben, den Flug einer Dragon-Kapsel in eine Erdumlaufbahn auf eigene Kosten zu buchen. Neben ihm selbst werden gratis eine Krankenschwester, eine Wissenschaftlerin und ein Ingenieur mitfliegen. Eindrücke vom Training, zu dem auch die gemeinsame Besteigung eines über 4000 Meter hohen Gipfels gehörte, und der Motivation der Privat-Astronauten wurden jüngst auf Twitter gepostet.
Der Flug namens Inspiration4, der auch Spenden für ein amerikanisches Kinderkrankenhaus einwerben soll, wird frühestens in diesem September starten. Danach sind weitere Touristenflüge von SpaceX geplant. So will Axiom Space, beginnend mit der konkreten Mission AX-1 früh in 2022, alle paar Monate Touristen mit der Dragon-Kapsel zur ISS bringen. Und für das private Projekt Dear Moon eines japanischen Milliardärs soll die Dragon-Kapsel 2023 sogar um den Mond fliegen.
Übrigens: So etwas wie Weltraum-Tourismus gab es schon vor rund 20 Jahren. Damals wurden auf der quasi staatlichen russischen Sojus-Raumkapsel erste einzelne Sitze verkauft. Jetzt aber sind die privaten Firmen SpaceX, Blue Origin und weitere dabei, einen breiten und wesentlich erschwinglicheren Markt für Touristen im All zu etablieren.