Die traditionellen Autohersteller treten in Teslas Fußstapfen und holen die Produktion von immer mehr Teilen zurück von Zulieferern in ihre eigenen Fabriken. So hat Ford bereits ein Werk speziell für Elektromotoren gebaut, und VW und andere Hersteller verstärken massiv ihre internen Software-Teams. Und diese Entwicklung wird noch weitergehen, sagt das Marktforschungs- und Beratungsinstitut Guidehouse Insights in einer aktuellen Analyse voraus.
Eigenanteil sank auf 50 Prozent
Dass Daimler einen Motor einmal nicht selbst produzieren, sondern von einem Zulieferer beziehen würde, hätten sich die Gründer des Automobil-Konzerns wohl in ihren kühnsten Träumen nicht vorstellen können. Doch beim ersten elektrischen Smart in Großserie passierte genau das: Der Motor für den ED3 von 2011 bis 2015 stammte von EM-motive, einer gemeinsamen Tochter von Daimler und Bosch. Und dergleichen hatte System: Laut Guidehouse Insights wurden in den 1970er Jahre noch rund 90 Prozent eines PKW von den Herstellern selbst entwickelt und gefertigt, im vergangenen Jahrzehnt aber lag der Eigenanteil nur noch bei etwa 50 Prozent.
Mit dem Trend zu stark digitalisierten Elektroautos ändert sich das jetzt wieder. Mit Blick auf Tesla hat zum Beispiel Volkswagen die eigene Situation analysiert und beschlossen, den Aufbau seiner Fahrzeuge zu ändern. In jedem Auto gibt es inzwischen bis zu hundert und mehr Steuergeräte, und sie alle laufen mit eigener Software, die nicht der Autohersteller produziert, sondern seine Zulieferer. Dieses Flickwerk bedeutet unter anderem, das Updates aufwendiger sind – bei Tesla kommt neue Software regelmäßig und ganz selbstverständlich per Funk, VW und andere Hersteller beginnen gerade erst damit.
Software-Integration wie bei Tesla
So elegant wie bei Tesla sollen Updates in Zukunft auch bei Volkswagen funktionieren. Auch dafür entwickelt der Konzern jetzt intern ein eigenes Auto-Betriebssystem, das VW.OS. Ähnlich sieht es bei Ford aus: „Wir holen Software ins eigene Haus“, zitiert Guidehouse aus einem Interview mit CEO Jim Farley. Bislang dagegen sei die Software für die zum Beispiel 70 Steuer-Module beim F-150 komplett von außen bezogen werden.
Neben Software entwickelt und baut Ford auch die Elektromotoren für den neuen Pickup Maverick selbst. Dazu gibt es das Van Dyke Electric Powertrain Center, aus dem auch die Antriebe für den Elektro-Pickup F-150 Lightning kommen sollen. General Motors, Volkswagen und BMW gehen ebenfalls diesen Weg. Grund sind laut Guidehouse auch die steigenden Produktionszahlen bei den Elektroautos, die eine eigene Produktion jetzt rentabel machen. Bei Batteriezellen wollen die Automobil-Hersteller ebenfalls stärker an der Produktion beteiligt sein, statt nur einzukaufen, wählen dafür aber meist die Form von Joint-Ventures.
Zulieferer als Startup-Partner
Für Zulieferer wie Bosch, Continental, ZF, Denso oder Magna bedeutet das neue Herausforderungen. In der Frühzeit des Elektroauto-Umbaus mit niedrigen Stückzahlen war ihre gebündelte Kompetenz und Produktion gefragt. Doch die Hoffnung, die großen Autohersteller auch dauerhaft mit Komponenten für die neue Zeit beliefern zu können, könnte sich laut Guidehouse als trügerisch herausstellen. Denn wegen der verstärkten Integration nach Tesla-Art nimmt die Nachfrage nach Zuliefer-Teilen in der etablierten Branche tendenziell ab. Als Abnehmer kommen laut Guidehouse Insights deshalb in Zukunft eher Startups in Frage – immerhin gibt es auch davon bei Elektroautos reichlich.