Mit der offiziellen Eröffnung der Gigafactory in Grünheide bei Berlin ist Tesla jetzt auch ein deutscher Auto-Hersteller – und zeitlich damit fast zusammenfallend ließ das Kraftfahrtbundesamt (KBA) wissen, dass sich das Unternehmen in Zukunft auf ein genaueres Hinsehen bei seinen Software-Updates einstellen muss. Unter anderem sagte der Chef der Behörde in einem Interview am Vortag des Gigafactory-Starts, dass sie nicht hinnehmen werde, wenn Tesla wie in den USA einen Beta-Test seines Autopilot-Systems nur für ausgewählte Tester beginne.
KBA-Chef droht mit Tesla-Betriebsverbot
In den USA läuft der Beta-Test mit der als FSD bezeichneten Autopilot-Software seit Herbst 2020. Die ersten Teilnehmer wurden offenbar einzeln ausgewählt. Seit September 2021 kann man sich auch über einen eigens dafür eingeführten Safety Score (s. Foto) qualifizieren. Ende Januar nannte Tesla die Zahl von knapp 60.000 Beta-Testern. Als nächstes Land soll Kanada die FSD-Software erhalten. Das bekräftigte CEO Elon Musk in dieser Woche beim Delivery Day für die ersten deutschen Model Y in Grünheide. Bei dieser Gelegenheit sagte er außerdem, in der EU solle der Beta-Test in diesem Jahr beginnen – wenn Aufsichtsbehörden es zulassen.
Danach sieht es zumindest in Deutschland aber nicht aus, wie der KBA-Präsident Richard Damm laut Berichten anderer Medien einen Tag vor dem Delivery Day in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung erkennen ließ. Konkret zu der Tester-Auswahl mittels Safety Score sagte er, ein System zur Automatisierung müsse so sicher und robust sein, dass es unabhängig vom Können des Fahrers funktioniert. Wenn dem nicht so sei, stelle sich die Frage, ob man ein solches Vorgehen im Straßenverkehr wolle. Die Antwort darauf könne man sich denken, zitiert golem.de aus dem SZ-Interview.
Seine Zulassungen für Deutschland erhält Tesla derzeit nicht vom KBA, sondern für das gesamte EU-Gebiet von der niederländischen Behörde RDW. Doch wie Präsident Damm laut golem.de der SZ weiter sagte, will sich das deutsche Amt in Zukunft auch bei anderen Software-Update von Tesla zumindest genauer informieren lassen. Bislang soll sich dieser Austausch mit dem Unternehmen als schwierig erwiesen haben, doch das KBA hat Druckmittel: Ohne Informationen vom Hersteller könne die Behörde nicht ausschließen, dass ein System gegen Regeln verstoße, erklärte Damm. Als mögliche Folgen nannte er ein Bußgeld und im Extremfall eine Untersagung des Betriebs.
Schon heutiger Autopilot nicht zulässig?
Bei seinem vorigen Auftritt auf dem Gigafactory-Gelände in Grünheide im vergangenen Oktober hatte Tesla-CEO Musk noch gesagt, Europa werde die FSD-Software hoffentlich noch im Jahr 2022 bekommen, und zwar nicht nur als Beta-Version. Beim Delivery Day am Dienstag war er etwas vorsichtiger: Die Übertragung auf Europa sei zum einen technisch schwierig, weil es von Land zu Land viele feine Unterschiede bei Verkehrsregeln und -gestaltung gebe, sagte Musk. Zum anderen unterscheide sich die EU insofern, als Tesla dort anders als in den USA vorab eine Genehmigung für den FSD-Test einholen müsse.
„Abhängig von regulatorischer Zulassung“ werde er möglicherweise später in diesem Jahr beginnen, erklärte Musk. Doch wenn Tesla dafür den Weg über RDW geht und Nachfragen des KBA nicht beantwortet, könnte zumindest die Beta-Software in Deutschland schnell wieder verboten werden. Denn Ende Februar wurde berichtet, dass die deutsche Behörde schon die Spurwechsel-Funktion im aktuellen Autopilot-System für möglicherweise unzulässig hält und mit RDW in den Niederlanden sowie Tesla darüber kommuniziert.