Die meisten Elektroauto-Hersteller geben Batterie-Garantien für acht Jahre und 160.000 Kilometer, aber das heißt noch nicht, dass die Akkus danach hinüber sind – schlimmstenfalls hat ihre Kapazität deutlich abgenommen und sie laden langsamer, aber beides steht einer Weiternutzung als Hausspeicher nicht im Weg. Der kanadische Forscher Jeff Dahn, dessen Lehrstuhl seit 2016 Partner von Tesla ist, wirbt seit einiger Zeit sogar dafür, beides miteinander zu vereinen, indem Elektroauto-Akkus zum Teil des Strom-Netzes gemacht werden. An der Haltbarkeit wird das nach seinen Worten jedenfalls nicht scheitern, denn er sieht schon Batterien für 100 Jahre kommen.
Tesla-Partner jetzt bei 6 Mio. Kilometer
Im Jahr 2019 erregte Dahn, Professor an der Dalhousie University in Kanada, Aufsehen mit einem Fachaufsatz, laut dem Batterien für eine Million Elektroauto-Meilen möglich sind – eine Labor-Zelle mit speziellen Additiven zeige nach 4000 Zyklen noch fast keinen Kapazitätsverlust. Bei 250 Meilen pro Ladung (gut 400 km) ergibt sich so insgesamt die Million. Ein halbes Jahr später sprach der Tesla-Partner von doppelt so vielen Zyklen mit mäßig teuren Additiven und stellte die Frage, ob mehr überhaupt noch gebraucht werde.
Die scheint er für sich inzwischen mit Ja beantwortet zu haben. Denn Ende März war Dahn Referent beim International Battery Seminar 2022 in Florida und sollte dort laut der Ankündigung über „Mehr als eine Million Meilen und ein Jahrhundert Lebensdauer“ sprechen. Wie jetzt die Publikation Battery Power berichtete, tat er das dann auch. Demnach informierte Dahn zunächst darüber, mit Test-Zellen mittlerweile 15.000 Zyklen bei 5 Prozent Kapazitätsverlust erreicht zu haben (umgerechnet etwa 6 Millionen Elektroauto-Kilometer). Und anschließend informierte er über den Fahrplan zu Batterien, die eine Lebensdauer von 100 Jahren haben.
Entgegen dem Konsens in der Elektroauto-Branche, dass 800 Batterie-Zyklen reichen, und der konventionellen Weisheit, dass die LFP-Chemie langlebiger ist, werde viel mehr gebraucht, und das sei stattdessen mit NMC zu erreichen, erklärte Dahn laut dem Bericht. In speziellen Mischungen, die zu einer niedrigen Maximal-Spannung führen, lasse sich damit eine höhere Energie-Dichte als mit LFP sowie extreme Langlebigkeit realisieren. Ein Diagramm zeigt, dass der Tesla-Forschungspartner und sein Team für solche Batterien zumindest bei niedrigen Temperaturen schon 100 Jahre Lebensdauer mit weniger als 10 Prozent Verlust voraussagen.
Elektroauto-Akkus als Netzspeicher benötigt
Das sind extreme Labor-Werte, spricht aber dafür, dass noch viel Potenzial für Optimierung besteht. Laut Dahn braucht es die auch, denn auf viele Jahre hinaus sieht er Elektroauto-Hersteller wie Tesla den Batterie-Markt leerkaufen, wie er in diesem Februar bei einer anderen Konferenz erklärte. So bleibe zu wenig für stationäre Speicher übrig, also müssten Elektroautos diese Aufgabe mit übernehmen, wenn sie stehen – ihre Akkus können Überschuss-Strom speichern und ihn bei Bedarf abgeben, was als Vehicle-to-Grid oder V2G bezeichnet wird. Und damit niemand Angst hat, dass der eigene Auto-Akku durch intensiven V2G-Einsatz zu schnell an Kapazität verliert, helfe extreme Langlebigkeit, sagte Dahn.