Wenn die Batterien in Elektroautos ausgedient haben oder zum Fahren nicht mehr gut genug sind, können sie immer noch als Speicher für das Strom-Netz dienen: Diese Überlegung macht die Klima-Bilanz von E-Mobilität auf zweierlei Weise noch besser, denn zum einen wird das bei der Produktion emittierte CO2 rechnerisch über eine längere Nutzung verteilt und zum anderen sind mehr Speicher im Netz die Voraussetzung dafür, auch die Strom-Erzeugung nachhaltig zu gestalten. Der Haken daran ist nur, dass Akkus nicht in großer Zahl aufgegeben werden, weil die E-Flotte noch recht jung ist. Ein bekannter Batterie-Forscher und Tesla-Partner hat deshalb jetzt vorgeschlagen, sie stattdessen schon als Netz-Speicher zu nutzen, wenn sie noch im Auto eingebaut sind.
Tesla-Partner für Parallel-Nutzung
Dieses Prinzip nennt sich Vehicle to Grid (V2G). Wie die Idee mit der zweiten Akku-Nutzung ist es bislang weitestgehend Theorie. Doch wie Jeff Dahn, Professor an der Dalhousie University in Kanada und seit vielen Jahren Forschungspartner von Tesla, nach Angaben von Teilnehmern bei einer Konferenz in dieser Woche sagte, sieht er in V2G einen realistischen Weg nach vorn. Dazu soll nicht zuletzt beitragen, dass es seinem Labor gelungen ist, Batterie-Zellen eine Lebensdauer von 10.000 Zyklen und mehr anzuzüchten. Bei einem Elektroauto würde das genügend Akku-Haltbarkeit für mindestens 4 Millionen Kilometer bedeuten.
Schon zuvor war Dahns Labor mit der Meldung an die Öffentlichkeit gegangen, dass Lithium-Ionen-Batterien sogar recht problemlos eine Million Elektroauto-Meilen unterstützen könnten. Und seitdem haben die kanadischen Forscher offenbar große Fortschritte gemacht, denn bei einer Präsentation in dieser Woche legte Dahn Folien auf, in denen von bis zu 12.000 Zyklen mit weniger als 10 Prozent Kapazitätsverlust die Rede ist. Der Auftritt wurde nur als Live-Stream übertragen, doch unter anderem einer Diskussion darüber auf YouTube kann man einige Informationen entnehmen.
Demnach hat Dahn die Frage gestellt, warum man überhaupt eine Lebensdauer von 4 Millionen Kilometern für Elektroauto-Akkus anstreben sollte. Seine Antwort darauf lautete V2G: Auf Sicht von mehreren Jahren sei die Batterie-Nachfrage so hoch, dass nicht viel für den Umbau des Energie-Systems übrig bleibe. Elektroauto-Hersteller kaufen also sozusagen alles weg, was am Markt zu bekommen ist. Laut Dahn sollten deshalb Akkus zum Fahren gleich so ausgelegt werden, dass sie im Stehen als Netz-Stütze dienen können. Damit deren Besitzer ohne Angst vor zu früher Degradation dazu bereit sind, werde die extreme Langlebigkeit gebraucht.
Elektroautos für beide Strom-Richtungen
Dass die Überlegung zur mangelnden Verfügbarkeit von Speicher-Akkus berechtigt sind, zeigt schon Dahns Partner Tesla. Dort gibt es große Pläne auch für den Energie-Bereich, zum Beispiel mit einer neuen Fabrik in Kalifornien, die pro Jahr Megapacks mit zusammen 40 Gigawattstunden Kapazität herstellen soll. Aber in der geschäftlichen Praxis muss diese Sparte seit Jahren hinter den Elektroautos zurückstecken. Zuletzt lag das laut Tesla-Chef Elon Musk eher an Chip- als an Batterie-Mangel. Insgesamt dürften Zellen aber noch jahrelang knapp bleiben, schon weil die meisten Fabriken dafür erst noch gebaut werden und ihre Material-Versorgung noch nicht steht.
Some slides from Jeff Dahn’s talk on recent advancements to a million mile battery $TSLA pic.twitter.com/XXr2hqctU7
— Whole Mars Catalog (Supervised) (@WholeMarsBlog) February 3, 2022
In Elektroautos als Teilzeit-Netzspeicher sieht Dahn deshalb „riesige Gelegenheiten“, ist einer Folie aus seinem neuen Vortrag zu entnehmen, die auf Twitter veröffentlicht wurde. Dass die dafür nötige Batterie-Lebensdauer zu erreichen sein dürfte, belegte der Professor anhand von Daten aus den jüngsten Versuchen mit verschiedenen Additiven. Aufgabe der Hersteller wiederum sei es, die nötigen bidirektionalen Ladegeräte in ihren Elektroautos zu verbauen, sagte er. Volkswagen macht das nach eigenen Angaben seit Ende 2021. Tesla-Chef Musk dagegen setzte bislang auf eine Trennung von Auto- und Netz-Akkus. Aber die neuen Ergebnisse von Dahn werden vielleicht auch ihn zum Umdenken bewegen.