Der Ablauf war geschickt gestaltet. Wie angekündigt um 15.30 Uhr Ortszeit (22.30 Uhr in Deutschland) begann am Donnerstag die Hauptversammlung von Tesla in der Gigafactory im US-Bundesstaat Texas, und nach einer kurzen Rede der Board-Chefin Robyn Denholm gab der Moderator zum letzen Mal Gelegenheit, über die Vorschläge für das Aktionärstreffen abzustimmen. Nach einer knappen halben Stunde verkündete er offiziell das vorläufige Ergebnis, das ausfiel, wie von Tesla-Chef Elon Musk und seinem Board erhofft. Seinen eigenen Auftritt (s. Foto) begann der CEO dann mit Freudensprüngen, für die er von zahlreich vertretenen Fans bejubelt wurde.
Aktionäre bejubeln Tesla-Chef
Theoretisch hätte die Veranstaltung weniger freudig werden können, denn bis kurz vorher war nicht klar, ob die Tesla-Aktionäre erneut dem Bonus-Paket für Musk zustimmen würden, das ein Gericht in Delaware im Januar für ungültig erklärt hatte. In 2018 waren mehr als 70 Prozent dafür gewesen, dabei nach Ansicht des Gerichts aber nicht korrekt über das Zustandekommen informiert. Dass die wiederholte Abstimmung zu seinen Gunsten ausgehen würde, hatte der Tesla-Chef selbst schon in der Nacht auf Donnerstag verraten. Mit der Hauptversammlung kam die Bestätigung – die allerdings nicht bedeutet, dass sich das Delaware-Urteil erledigt häte.
Nicht problemlos umzusetzen sein dürfte auch der zweite angenommene Board-Vorschlag, der Musk ebenfalls am Herzen lag: Statt in Delaware soll Tesla zukünftig in Texas registriert sein, wo sich mit der Gigafactory bei Austin seit Ende 2022 auch die weltweite Zentrale befindet. Das bringt eine Reihe von Komplikationen mit sich und kann das Musk-Urteil ebenfalls nicht aushebeln. Nach Darstellung des Boards verspricht der Schritt aber insgesamt Vorteile. Wie klar oder knapp die Mehrheiten für die einzelnen Vorschläge waren, wurde zunächst nicht bekannt, aber am meisten Jubel erntete die Information, dass der Musk-Bonus durch die Aktionäre „ratifiziert“ wurde.
Damit beendete der Moderator offiziell die Hauptversammlung und rief dazu auf, den CEO willkommen zu heißen. Der kam nach einem kurzen Einspielfilm auf die Bühne in der Fabrik, wo er zu „Elon“-Rufen aus dem Publikum, aber ohne Musik, erst einmal eine Art Tanz mit Luftsprüngen aufführte. „Verdammt, ich liebe euch, Leute“, war eine seiner ersten Aussagen, als er damit fertig war. Zusammen eröffne man bei Tesla nicht nur ein neues Kapitel, sondern beginne ein neues Buch, erklärte er dann unter weiterem Jubel. Wer das Unternehmen kenne, wisse, was damit gemeint sei, während der Rest der Welt es noch nicht verstehe.
Musk lobt Studie von Ark Invest
Unter anderem für „große institutionelle Anleger in New York“, die noch nicht die FSD-Software ausprobiert hätten, wurde der CEO mit frisch gestärkten Rücken dann doch konkreter. Bei nachhaltiger Energie mit Elektroautos, stationären Akkus und Solar mache Tesla große Fortschritte, viel mehr Wertpotenzial habe jedoch Autonomie. Damit meinte Musk autonomes Fahren, das er seit Jahren als praktisch gelöstes Problem bezeichnet. Am Donnerstag sagte er, man solle einfach „der Kurve vertrauen“. Tesla sei ohne Zweifel auf dem Weg zu unüberwachtem FSD (Full Self-Driving), und zwar in exponentiellem Tempo.
Er selbst sei wahrscheinlich von Geburt an krankhaft optimistisch, ging Musk indirekt auf Kritik an seinen zeitlich oft unrealistischen Vorhersagen ein – aber dies sei auch der Grund dafür, warum solche Dinge bei Tesla überhaupt passieren. Wie später noch mehrere Male wies er auf eine Studie der Anlage-Firma Ark Invest hin, die am Vorabend der Hauptversammlung erschienen war. Diese sei die korrekteste Analyse zum Potenzial von autonomen Fahren bei Tesla, die er kenne. Allein diesem Bereich werde darin ein Wert von 5 Billionen Dollar zugemessen, und er stimme dem zu, sagte Musk.
30 Billionen Dollar Tesla-Wert?
Gegenüber dem aktuellen Niveau würde das fast eine Verzehnfachung des Tesla-Börsenwerts bedeuten – aber laut Musk kann es noch „viel verrückter“ werden, wenn man an den Roboter Optimus denke. Den hatte Tesla im August 2021 überraschend angekündigt, und schon Anfang 2022 maß ihm Musk potenziell mehr Wert zu als dem gesamten Elektroauto-Geschäft des Unternehmens einschließlich FSD. Bei 100 Millionen Stück pro Jahr mit je 10.000 Dollar Gewinn könne Tesla allein mit dem humanoiden Roboter 1 Billion Dollar jährlich verdienen, sagte Musk dazu, erneut bejubelt, am Donnerstag.
Gegen Ende seiner Präsentation mit einigen Folien kündigte der CEO an, dass Ende nächsten Jahres mehr als 1000 der eigenen Optimus-Roboter bei Tesla arbeiten sollen, vielleicht sogar mehrere tausend. Derzeit würden zwei davon in Fremont einfache Aufgaben erledigen. Langfristig werde es auf der Welt mehr humanoide Roboter als Menschen geben. Tesla verfüge über die nötige Produktions- und Entwicklungskompetenz sowie über KI-Software und -Hardware. Er stimme mit Ark Invest überein, dass autonomes Fahren für Tesla eine Situation mit 5-7 Billionen Dollar Börsenwert ermögliche, erklärte Musk. Optimus aber sei buchstäblich eine Situation für 25-30 Billionen Dollar, fügte er unter weiterem Jubel und Applaus hinzu.