Was lange wie nur eine von vielen juristischen Ablenkungen aussah, mit denen sich große börsennotierte Unternehmen regelmäßig beschäftigen müssen, könnte bei Tesla erhebliche Konsequenzen haben: Am Dienstag hat ein Gericht im US-Bundesstaat Delaware nach einem langen Prozess auf Antrag eines privaten Aktionärs entschieden, dass das 2018 für Tesla-Chef Elon Musk beschlossene Bonus-Paket im Wert von vielen Milliarden Dollar nichtig ist. Damit arbeitet er bei dem Elektroauto-Unternehmen nicht nur aktuell ohne jede Vergütung, sondern im Prinzip schon seit mehreren Jahren.
Tesla-Chef reagiert auf X verstimmt
Alle Voraussetzungen in dem mehrstufigen Plan hatte Musk schon Ende 2022 erfüllt. Zur Zeit seiner Verabschiedung galt dieses Paket als beispiellos, und viele Anleger zweifelten, dass die darin festgehaltenen Endziele wie 75 Milliarden Dollar Jahresumsatz oder 650 Milliarden Dollar Börsenwert je erreicht werden können. Eine große Mehrheit der Tesla-Aktionäre stimmte der Regelung jedoch zu, und weil sich Geschäft wie Börsenkurs bestens entwickelten, konnte sich der CEO Optionen für ingesamt 304 Millionen zusätzliche Tesla-Aktien sichern, deren rechnerischer Wert auf mehr als 50 Milliarden Dollar geschätzt wird.
Ohne den Wert der Optionen würde Musk den Titel als reichster Mensch der Welt verlieren, der nach den Tesla-Kursverlusten nach dem vorsichtigen Ausblick auf 2024 ohnehin gefährdet war. Wichtiger für Musk selbst dürfte allerdings sein, dass er durch das Urteil weniger Kontrolle über Tesla hat. In den vergangenen Wochen hatte er seinen Wunsch öffentlich gemacht, über ein neues Bonus-Paket noch einmal deutlich mehr Aktien des Unternehmens zu bekommen, damit er es unbesorgt führend bei KI und Robotik machen könne.
I recommend incorporating in Nevada or Texas if you prefer shareholders to decide matters
— Elon Musk (@elonmusk) January 31, 2024
Nach Verkäufen für zweistellige Milliarden-Beträge Ende 2021 und Ende 2022 hält Musk derzeit noch etwa 13 Prozent aller Tesla-Aktien; die jetzt für nicht korrekt zugeteilt erklärten Optionen machen weitere 8,6 Prozent aus. Als Wunschanteil nannte er zuletzt 25 Prozent, damit er zwar noch überstimmt und abgewählt werden könne, aber nicht zu leicht. Auf das Urteil aus Delaware reagierte der CEO jetzt verstimmt: In einer X-Nachricht in der Nacht auf Mittwoch empfahl er, Unternehmen lieber in Nevada oder Texas zu registrieren, wenig später folgte eine Umfrage, ob Tesla die Eintragung von Delaware an seinen Hauptsitz in Texas verlegen sollte.
Tatsächlich hatten in 2018 mehr als 70 Prozent der abstimmungsberechtigten Aktionäre dem zweistelligen Milliarden-Paket für Musk als CEO zugestimmt. Die Richterin kam laut dem ausführlichen Urteil jedoch zu dem Schluss, dass Musk das Board zur Zeit der Verhandlung über den Bonus mit engen persönlichen Verbindungen kontrollierte. Darüber und über Details des Verhandlungsprozesses seien die Aktionäre nicht korrekt informiert worden. Das Board habe deshalb beweisen müssen, dass das Paket in seiner Gesamtheit trotzdem fair war, was ihm in dem Prozess aber nicht gelungen sei.
Musk-Urteil drückt nachbörslich Aktie
Damit ist das Bonus-Paket, das mehrfach als das größte in der US-Geschichte bezeichnet wurde, vorerst nichtig. Eine Berufung gegen das Urteil wäre laut einem Bericht von Reuters möglich, doch dazu äußerte sich Musk selbst zunächst nicht, und auch seine Anwälte reagierten nicht auf Nachfragen. Theoretisch wäre eine neue Abstimmung der Aktionäre über das Paket möglich, bei der sie berücksichtigen können, dass das Board bei der Verhandlung darüber nicht unabhängig von Musk agierte. Die Börse bewertete das Urteil zunächst negativ: Nach US-Handelsschluss verlor die Tesla-Aktie nach einem leichten Plus im regulären Handel rund 2,5 Prozent.