„Jeder Idiot“ könne heutzutage einfach einen riesigen Akku in ein Elektroauto einbauen, um damit neue Reichweiten-Rekorde zu erzielen, sagte im September 2020 Peter Rawlinson, früherer Chefingenieur bei Tesla und heute CEO von Lucid Motors. Mit seinem Air setzt er auf höchste Effizienz und will so gut 800 km Reichweite schaffen. Das chinesische Startup Nio aber versucht es stattdessen mit Masse: Am Wochenende stellte es seine Limousine ET7 vor, die mit bis zu 150 Kilowattstunden Kapazität auf 1000 Kilometer Reichweite nach China-Norm kommen soll, also viel weiter als selbst das angekündigte Tesla Model S Plaid.
Fast so schnell wie Performance-Tesla
Auch sonst begibt sich Nio in mehrerlei Hinsicht direkt auf das Terrain des Pioniers und will Konzepte realisieren, die Tesla ebenfalls angekündigt hat oder gar nicht verfolgt. So soll der ET7 mit Hilfe von 33 Sensoren und Hochleistungshardware von Nvidia eine Funktion für autonomes Fahren bekommen – und zwar ausschließlich im Abonnement, wie es laut CEO Elon Musk auch bei Tesla geplant ist. Außerdem kündigte Nio nicht nur die riesige Batterie-Option an, sondern auch ein Miet-Modell dafür einschließlich einer neuen Generation seiner Akku-Wechselstationen. Und die E-Limousine soll, als wohl erste der Welt, mit Feststoff-Akkus fahren.
Der größte Schönheitsfehler daran ist wohl, dass der Nio ET7 erst Anfang 2022 kommen soll. Kritische Beobachter argwöhnten deshalb, mit den spektakulären Ankündigungen wolle das Unternehmen vor allem seine nächste Kapitalaufnahme an der Börse vorbereiten. Die Aktie des Startups hatte sich im vergangenen Jahr noch besser entwickelt als die von Tesla und reagierte nach der Vorstellung vom Wochenende mit einem weiteren Kurssprung.
Von solchen Überlegungen abgesehen, klingen auch die Beschleunigungswerte der neuen chinesischen Limousine überzeugend. Sie soll in 3,9 Sekunden von 0 auf 100 Kilometer pro Stunde beschleunigen – nicht ganz so schnell wie ein Performance-Tesla, aber immer noch rabiat. Autonomes Fahren läuft bei den Chinesen unter der Bezeichnung Nio Autonomous Driving (NAD). In der Pressemitteilung zum ET7 wird es mehrmals erwähnt, aber nicht genauer erklärt, wie weit die Autonomie reichen soll. Der Umfang werde aber – auch das erinnert an Tesla – schrittweise ausgebaut. Den Mietpreis für NAD gibt Nio mit umgerechnet 86 Euro an.
Preis für größten Super-Akku noch offen
Noch weitgehend offen sind neben technischen Details zu Akku und Fahr-Software aber die sonstigen Preise für das Elektroauto. Zwar nennt Nio „ab“ umgerechnet 56.500 Euro mit Kauf-Batterie und 66.500 Euro für die ET7 Premier Edition, gibt aber nicht die Akku-Größe dazu an. Außer mit den vollen 150 kWh soll die schnittige Limousine auch mit 100 kWh oder 70 kWh zu haben sein. Die Start-Preise dürften für die kleinste Variante gelten, für die Nio aber wiederum keine Reichweiten-Angabe lieferte. Das Elektroauto kann in China bereits zur Auslieferung im ersten Quartal 2022 bestellt werden, von einem möglichen Export nach Europa war zunächst nicht die Rede.