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Autonomie-Beben: Verfahren zu Tesla-Autopilot droht, VW- und Ford-Hoffnung Argo AI gibt auf

Volkswagen Commercial Vehicles moves ahead with Autonomous Drivi

Bild: Volkswagen

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Hochfliegende Erwartungen in neue Technologien haben eine Tendenz, zu bitteren Enttäuschungen zu werden – jedenfalls vorübergehend, bis im Idealfall auf die frühe Begeisterung nach weiterer harter Arbeit Substanz und damit auch ein gutes Geschäft folgt. In das enttäuschte Stadium dieses als Hype-Zyklus bekannten Phänomens scheint soeben autonomes Fahren einzutreten: Hier sagten Marktforscher schon Billionen-Umsätze in wenigen Jahren voraus – aber erst einmal droht Tesla als einem in Sachen Autonomie forschen Unternehmen Ärger mit US-Behörden und der von Volkswagen und Ford finanzierte Hoffnungsträger Argo AI stellt seine Arbeit ein.

Ford mit frühem Optimismus wie Tesla

Beides wurde fast gleichzeitig an diesem Mittwoch bekannt. Zu Tesla meldete die Nachrichten-Agentur Reuters, das US-Justizministerium denke darüber nach, wegen Aussagen zum Autopilot-System ein Strafverfahren gegen das Unternehmen oder Mitglieder seiner Führung einzuleiten. Eine Entscheidung soll noch nicht bevorstehen und ihre Richtung bislang nicht feststehen. Und über das Aus für den 2016 gegründeten Autonomie-Spezialisten Argo AI berichteten am selben Tag zunächst Technologie-Medien, bevor es offiziell bestätigt wurde.

Ford hatte im Februar 2017 zugesagt, Argo über die kommenden Jahre 1 Milliarde Dollar zur Verfügung zu stellen, und wollte mit dieser Hilfe 2021 ein autonomes Auto auf den Markt bringen können. Das Unternehmen zeigte sich also ähnlich optimistisch wie bei Tesla CEO Elon Musk, der „vollständige Autonomie“ schon im Dezember 2015 für in ungefähr zwei Jahren in Aussicht stellte, aber ebenfalls noch nicht realisiert hat. Mitte 2020 stieg auch Volkswagen mit einer Milliarden-Summe bei Argo ein. Zuletzt gehörten den beiden Auto-Herstellern je 42 Prozent an dem Startup.

Die können sie jetzt buchstäblich abschreiben. Ford meldete für das dritte Quartal noch am Mittwoch eine Wertberichtigung von 2,7 Milliarden Dollar auf die Investition. Volkswagen äußerte sich zunächst nicht über die finanziellen Konsequenzen, hatte aber mit Blick auf seine Autonomie-Pläne einiges zu erklären. Bei individueller Mobilität werde die Zusammenarbeit der Software-Tochter Cariad mit Bosch sowie nur in China mit Horizon Robotics fortgesetzt, teilte das deutsche Unternehmen mit. Um Services kümmere sich weiter die Tochter Moia. Zusammen mit Argo wollte sie ab 2025 in Hamburg autonomes Ridepooling im ID.Buzz (s. Computer-Foto oben) anbieten. Das Ziel bleibt laut VW bestehen, aber jetzt wird ein anderer Partner dafür gebraucht.

VW sucht Autonomie-Partner für Moia

Bei VW gesellt sich das Argo-Aus zu Problemen, die der Konzern mit der Cariad-Entwicklung auch sonst schon hat. Mehrere Elektroautos unter anderem von Porsche wurden wegen Software-Verzögerungen schon verschoben. Die Auflösung des Autonomie-Spezialisten bedeutet aber immerhin, dass die bisherigen Mehrheitseigentümer Zugriff auf seine besten Leute bekommen. Ford wie VW wollen sie laut ihren Mitteilungen einsetzen, um sich statt auf autonome Autos vorerst auf bessere Assistenz-Systeme zu konzentrieren.

Dabei könnte es länger als erwartet auch bei Tesla bleiben. Dessen CEO Musk äußerte sich bei der jüngsten Quartalskonferenz ungewohnt zurückhaltend zu den heutigen und zukünftigen Fähigkeiten des Autopilot-Systems. Zwar kündigte er an, dass die Beta-Software FSD dafür, die grundsätzlich in beliebigen Umgebungen die Steuerung übernehmen kann, bis Ende dieses Jahres alle Kunden in Nordamerika erreichen soll, die für die gleichnamige Option bezahlt haben. Noch sei das System nicht bereit, ohne Mensch am Steuer zu fahren, schränkte er aber ein, und machte keine Prognose für eine behördliche Zulassung als autonom.

Der Technologie-Manager Doug Field, der von Apple zu Tesla gewechselt war und dann nach erneuter kurzer Arbeit für Apple Chef für neue Elektroautos und Technologien bei Ford wurde, zeigte am Mittwoch Respekt und Verständnis für die gescheiterten Bemühungen bei Argo AI: Das Team habe an dem gearbeitet, was er als das schwierigste technische Problem der heutigen Zeit ansehe, sagte er laut einem Bloomberg-Newsletter. Es sei sogar schwieriger, als einen Menschen auf den Mond zu bringen. Diesen Schritt allerdings hat die Menschheit ja auch relativ schnell geschafft – und Tesla- und SpaceX-Chef Musk hält zumindest das wahrscheinlich für eine seiner leichteren Übungen.

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