Am Donnerstag ist ein Teil der bislang 100-prozentigen Volkswagen-Tochter Dr. Ing h.c. F. Porsche AG an die Frankfurter Börse gegangen. Trotz der schon im Vorfeld und noch am Tag des Debüts selbst schwierigen Markt-Bedingungen wurden die etwa 25 Prozent der Vorzugsaktien am oberen Ende der vorher genannten Preis-Spanne zugeteilt, und der erste Kurs von 84 Euro lag sogar noch etwas darüber. Dem Volkswagen-Konzern fließen durch die Emission abzüglich Bank-Gebühren 9,4 Milliarden Euro zu – und noch einmal etwa 10 Milliarden Euro durch den Verkauf von 25,1 Prozent der Stammaktien an die Familien Porsche und Piech. Den gemessen an der Start-Kapitalisierung von 75 Milliarden Euro hohen Erwartungen der Börse will das frisch notierte Unternehmen unter anderem mit Elektroautos gerecht werden – ist für die Software aber vorerst auf die alte Mutter angewiesen.
Elektroauto-Anteil bei Porsche gesunken
Auch sonst bleiben die Verbindungen eng, denn an der Spitze des gesamten Volkswagen-Konzern steht seit diesem Monat Oliver Blume, der weiterhin auch als CEO von Porsche fungiert. Trotzdem sprach er in einer Mitteilung zum gelungenen Börsenstart am Donnerstag von größerer Eigenständigkeit und einer durch den Schritt erreichten sehr guten Ausgangsposition, um die Ziele der kommenden Jahre zu erreichen. Immerhin endet der bisherige Beherrschungsvertrag mit VW und wird durch einen Vertrag über marktübliche Kooperation ersetzt.
Mit mehr Volumen als Nischen-Marken wie Ferrari und höheren Preisen als bei einfachen Premium-Konkurrenten sei Porsche einzigartig positioniert, machte sich das Unternehmen vor dem Börsengang für Anleger schmackhaft. Weiteren Reiz sollen außerdem Pläne für mehr Elektroautos ausüben – wie nicht nur Tesla gezeigt hat, lassen sich damit hohe Bewertungen erzielen. Als erfolgreichen Einstieg führte Porsche den Taycan an, der 2021 für einen Anteil reiner Elektroautos von 14,1 Prozent gesorgt habe. Bis 2025 sollen es einschließlich Plugin-Hybriden 50 Prozent werden und 2030 wieder rein elektrisch 80 Prozent.
Erst einmal aber musste Porsche im ersten Halbjahr nicht nur einen Rückgang der gesamten Verkaufszahlen im Vergleich zu H1 2021 hinnehmen, sondern auch bei seinem bislang einzigen Elektroauto Taycan. Immerhin stieg wie bei anderen Auto-Herstellern trotz weniger Volumen der Gewinn. Aber vom Taycan, der im ganzen Vorjahr mit gut 41.000 Auslieferungen vor dem Klassiker 911 gelegen hatte, wurden jetzt nur noch 18.877 Stück verkauft, 1000 weniger als vor einem Jahr und 3000 weniger als vom 911. Der Elektroauto-Anteil in der ersten Hälfte 2022 sank so auf knapp 13 Prozent.
VW-Software könnte Neustarts verzögern
Zudem wird es bis zum nächsten Porsche-Elektroauto noch eine Weile dauern. Wie der Börsen-Neuling in seinem Prospekt selbst bestätigt, musste dessen Start verschoben werden. Dabei geht es um einen elektrischen Nachfolger des SUV Macan, der zunächst für 2023 angekündigt war. Jetzt soll es 2024 werden. Außerdem kommen laut Porsche auch 718 (also Boxster und Cayman) sowie Cayenne als Elektroauto, und dazu ein neues elektrisches Luxus-SUV, jeweils noch ohne Daten. Mit dem intern K1 genannten Top-Modell will Porsche laut Blume noch höhere Preis-Segmente erschließen.
Viel Potenzial für die elektrische Zukunft also, doch erst einmal kann sich Porsche von den Software-Problemen beim Mehrheitseigentümer VW nicht lösen. Bei dessen Tochter Cariad liegt weiterhin die Verantwortung für die Entwicklung der Software-Plattform für die nächsten Elektroautos, genannt E3 1.2. Weil sie auf sich warten lässt, musste bereits der E-Macan verschoben werden, erklärt Porsche im Prospekt, und weitere Verzögerungen seien nicht auszuschließen. Für die übernächste E3-Version 2.0 hat sich Porsche zwar ein Rückzugsrecht von Cariad gesichert, über das in 2023 entschieden werde. Für Macan und die 718er als Elektroauto scheint das Unternehmen aber noch auf Fortschritte bei VW angewiesen.