Bild: Tobias Lindh
Offensichtlich trifft Tesla konkrete Vorbereitungen dafür, in diesem September bei der Messe IAA Transportation in Hannover seinen elektrischen Sattelschlepper Semi zu präsentieren. In den USA wird er seit Ende 2022 an einzelne Kunden ausgeliefert, während er in Europa bislang nie aufgetaucht ist, doch am Freitag waren gleich zwei Tesla Semi auf deutschen Autobahnen und dann auf dem Gelände der deutschen Gigafactory zu sehen. Der Absatz von Pkw-Elektroautos auf dem alten Kontinent lässt dagegen zu wünschen übrig – im Juli soll BMW erstmals mehr davon verkauft haben als der US-Pionier. Zu den laut Tesla-CEO Elon Musk wichtigeren Zukunftsthemen autonome Autos und Roboter gab es in der zurückliegenden Woche ebenfalls Neuigkeiten.
Tesla-Manager mit Semi bei Messe
Derzeit gibt es auf den Tesla-Seiten für Deutschland nicht einmal mehr Informationen über den 2017 vorgestellten Sattelschlepper Semi, den man damals auch aus Europa bestellen konnte, doch das könnte sich bald wieder ändern. In diesem Mai gab der Auto-Verband VDA bekannt, dass er bei der Nutzfahrzeug-IAA im September zu sehen sein wird. Anders als beim Cybertruck, der bislang ebenfalls nur in Nordamerika erhältlich ist und trotzdem in ganz Europa gezeigt wird, dürfte es sich dabei aber nicht um einen reinen Show-Auftritt handeln: Laut dem Programm soll Teslas Semi-Chef Dan Priestley in Hannover eine Keynote-Rede halten und eine Fallstudie mit dem ersten Kunden Pepsi präsentieren.
Wie sich ab Donnerstag zeigte, hat Tesla wohl für die Messe nicht nur einen, sondern gleich zwei seiner Sattelschlepper nach Deutschland gebracht. Zunächst wurden sie getrennt voneinander auf Autobahnen gesehen, bevor die beiden Semi auf dem Gelände der Gigafactory in Grünheide bei Berlin eintrafen. Wie der Drohnen-Beobachter Tobias Lindh dokumentierte, wurden sie dort mit Kränen von ihren jeweiligen Aufliegern gehoben (s. Foto oben). Selbst fahren konnten oder sollten sie also nicht, aber bis zur IAA könnte sich das ändern: Laut Gerüchten will Tesla dort auch Semi-Probefahrten anbieten.
Der Cybertruck, dessen Europa-Tournee zuvor ebenfalls in Grünheide begann, hat sich in den USA unterdessen zum meistverkauften Fahrzeug oberhalb von 100.000 Dollar entwickelt. Der Absatz normalerer Elektroautos schwächelt bei Tesla in diesem Jahr allerdings auch in der eigenen Heimat. Das Gleiche gilt für Europa. Dort soll die US-Marke in diesem Juli sogar erstmals weniger reine Elektroautos verkauft haben als der deutsche Konkurrent BMW, der weit weniger konsequent auf diese Antriebsart setzt.
BMW in Europa bei Elektroautos vorn?
Das meldete am Donnerstag die Marktforschungsfirma Jato Dynamics. Auf den 28 wichtigsten Märkten Europas hat Tesla nach diesen Daten im Juli insgesamt 14.561 Model 3 bis Model X verkauft. BMW soll mit 14.869 Elektroautos erstmals knapp davor gelegen haben, Dritter war die Marke Volkswagen mit 12.213 reinen E-Verkäufen. Die Zahlen beziehen sich jedoch nur auf Juli als den ersten Monat eines neuen Quartals, in dem die Tesla-Verkäufe in Europa traditionell niedriger sind als in den letzten beiden. Nach Daten von DataForce, die auch Norwegen und die Schweiz enthalten, lag Tesla laut einem Bericht der Automobilwoche zudem auch im Juli noch knapp vor BMW.
Dennoch ist der Tesla-Absatz in Europa gemäß Dataforce im Juli gegenüber demselben Monat im Vorjahr um 16 Prozent gesunken. In Deutschland als dem wichtigsten EU-Markt betrug der Rückgang nach KBA-Daten sogar knapp 37 Prozent. Hier wurde spekuliert, dass die neue politische Nähe von Tesla-CEO Musk zu dem republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump Käufer abschreckt. Umfrage-Daten, die am Donnerstag das Handelsblatt veröffentlichte, bestätigen das jedoch nur für die USA: Dort befinden sich Tesla-Vertrauen und -Kaufneigung seit 2022 und insbesondere in diesem Jahr im Sinkflug, in Deutschland aber gab es nach einem Tief im Frühjahr eine Erholung.
Nach der Darstellung von Musk sind autonome Autos und Roboter für die Tesla-Zukunft ohnehin viel bedeutender – beides zusammen soll für 30 Billionen Dollar Börsenwert gut sein, also etwa 40-mal so viel wie zuletzt. Zu autonomen Fahren mit der Autopilot-Erweiterung FSD, die bislang von den Menschen am Steuer überwacht werden muss, gab es in der zurückliegenden Woche gemischte Neuigkeiten.
FSD 12.5 für alte Tesla-Hardware
Auf der einen Seite erreichte die neueste FSD-Version ab 12.5 nach einiger Verzögerung auch Fahrzeuge, die noch mit der dritten Generation der Autopilot-Hardware ausgestattet sind. Damit begegnete Tesla der Befürchtung, Fortschritte werde es nur noch mit der neuesten Kombination von Autopilot-Computer und -Sensoren geben, die jetzt als AI4 bezeichnet wird. Auf der anderen Seite verschwanden in der zurückliegenden Woche alte Blog-Beiträge von der Website – darunter auch der von Oktober 2016, in dem stand, alle ab diesem Zeitpunkt produzierten Elektroautos von Tesla seien bereits mit Hardware ausgestattet, die autonomes Fahren mit deutlich höherer Sicherheit als ein Mensch ermögliche.
Wie aktuelle Test-Videos zeigen, stellt FSD ab 12.5 eine Verbesserung gegenüber den vorigen Versionen dar, fährt aber weiterhin nicht fehlerfrei. Die Leistung auf der älteren Autopilot-Hardware soll zudem schwächer sein, was neue Befürchtungen weckte, die Fähigkeiten von HW3 könnten bald ausgereizt sein. Bei vor 2019 produzierten Elektroautos, deren Käufer die FSD-Option für zukünftig autonomes Fahren bezahlt hatten, nimmt Tesla ein kostenloses Computer-Upgrade vor. Ein Tausch der weit verbreiteten HW3 gegen die AI4-Technik wäre teuer und schwierig, wird aber auch nicht nötig sein, sagte CEO Musk dazu Anfang 2023.
Optimus-Vorbilder in Palo Alto gesucht
Nach seiner Darstellung von diesem Juni geschäftlich noch aussichtsreicher als autonomes Fahren sind humanoide Tesla-Roboter, die er überraschend erstmals im August 2021 ankündigte. Mittlerweile gibt es Prototypen für das Optimus getaufte Produkt, und nächstes Jahr sollen zunächst einige tausend Stück davon bei Tesla selbst getestet werden. Und wie eine aktuelle Job-Anzeige zeigt, wird für die Entwicklung noch Verstärkung benötigt: Tesla sucht Menschen, die zwecks Daten-Sammlung mindestens sieben Stunden pro Tag herumgehen, während sie einen Anzug zur Bewegungserkennung und eine VR-Brille tragen. Für den Roboter-Job in Palo Alto werden immerhin 25,25-48 Dollar pro Stunde geboten.