Noch am Freitag kritisierte der BMW-Konzernchef Oliver Zipse in einem Handelsblatt-Interview das von der EU beschlossene Ende für Verbrenner-Neuzulassungen ab 2035, weil es Europa an Rohstoffen und Ladestellen für Elektroautos fehle, am Samstag aber zeigte er, wie das eigene Unternehmen damit in eine neue Ära aufbrechen will: Im Vorfeld der IAA präsentierte BMW einen Prototypen für eine „Neue Klasse“ von Elektroautos, die ab 2025 auf den Markt kommen soll. Bei den Plänen erinnert viel an Tesla, bei der Bedienung aber will BMW andere Wege gehen – auch als der Rest der Branche.
Rundes Batterie-Format wie bei Tesla
Seine „Neue Klasse“ für Elektroautos hatte BMW erstmals Anfang 2021 angekündigt – die Bezeichnung wurde erstmals in den 1960er-Jahren verwendet, als das bayrische Unternehmen in der Krise war und sich dann mit sportlichen neuen Modellen daraus befreite. Angesichts der heutigen harten Elektroauto-Konkurrenz durch Tesla und chinesische Neustarter ist das Recycling vielleicht genau passend. An großen Worten sparten BMW-Manager am Samstag nicht: Man habe die neue Generation so modern gemacht, dass sie aussehe, als habe sie eine Generation übersprungen, zitiert die Agentur Reuters den Chefdesigner.
Als ihr erster Vertreter wird 2025 ein Elektroauto in der Klasse der aktuellen 3er-Reihe erwartet. Die am Samstag gezeigte Vision gibt einen Ausblick auf die äußere und innere Gestaltung. Von der monströsen Kühler-Niere, die aktuelle Fahrzeuge von BMW prägt, hat sich das Unternehmen demnach vorerst verabschiedet. Zwar reicht das Imitat bei dem Show-Auto sogar von Scheinwerfer zu Scheinwerfer, aber anders als bei i4, iX oder i7 vertikal nicht fast bis auf die Straße. Auch sonst sieht die Vision eher schlank und elegant als aggressiv-klotzig aus.
Nach Aussage des Technologie-Vorstands bedeutet die Neue Klasse die größte Investition, die BMW je vorgenommen hat, weil alles daran neu sei. Das gilt zum Beispiel für die Batterien. Wie bei Tesla sollen sie ein rundes Format bekommen, dessen Durchmesser dem der eigenen 4680-Zellen des großen US-Konkurrenten entspricht. Nach Angaben in einer Mitteilung haben sie eine 20 Prozent höhere Energie-Dichte als die bisherigen prismatischen Zellen. Ladeleistung und Reichweite sollen um bis zu 30 Prozent steigen, die gesamte Fahrzeug-Effizienz um 25 Prozent.
BMW-Elektroauto mit virtueller Bedienung
Der Innenraum der Neue-Klasse-Vision ist nach Fotos von Samstag mit fast durchgehendem Glasdach wie bei Tesla gestaltet, und auch der große Bildschirm in der Mitte des ansonsten recht leeren Cockpits sieht bekannt aus. Wie Tesla schafft BMW also physische Bedienelemente ab – setzt aber nicht auf immer mehr Touchscreen-Funktionen, sondern auf ein vergrößertes Head-up-Display. Erstmals soll es die gesamte Breite der Windschutz-Scheibe einnehmen und auch Interaktionen zulassen. Von der reinen Anzeige wird das Display also zur Kontrolleinheit.
So etwas gibt es derzeit tatsächlich weder bei Tesla noch bei chinesischen Elektroauto-Startups noch bei etablierten Premium-Konkurrenten. Wie gut es funktioniert, wird man möglicherweise schon ab nächster Woche auf der IAA ausprobieren können, wie es ankommt, muss sich ab 2025 zeigen, wenn der BMW-Zeitplan hält. Eine wichtige Rolle dürfte dabei auch der Preis des extramodernen elektrischen 3ers spielen. Dazu gab es von dem Unternehmen jetzt ebenso wie zu Reichweiten keine konkreten Informationen. CEO Zipse sagte laut Reuters aber, das Elektroauto werde in dieser Hinsicht „sehr wettbewerbsfähig“ sein.