Dass überall gleich von einem „Krieg“ gesprochen wurde, als Tesla Anfang des Jahres die Preise für Model 3 und Model Y in China senkte, war möglicherweise etwas übertrieben – aber ein geschäftlicher Angriff auf die Konkurrenz stellte der Schritt mit Sicherheit dar, und er blieb auch nicht ohne Folgen. Laut einem Bericht haben nach Tesla mindestens 30 weitere Auto-Hersteller in China Preise gesenkt, im extremen Fall um 40 Prozent. Und der Finanzchef des lokalen Elektroauto-Startups Nio sagte, es gebe zu viele solcher Unternehmen in dem Land.
Tesla mit hohen Kapital-Reserven
Trotz einer konjunkturellen Abkühlung zum Ende hin haben sich die Elektroauto-Verkäufe in China im vergangenen Jahr auf 5,7 Millionen fast verdoppelt, berichtete am Donnerstag die Nachrichten-Agentur Bloomberg. In diesem Jahr solle die Zahl weiter auf 8,1 Millionen steigen (bezogen auf New Energy Vehicles, also einschließlich Plugin-Hybriden, die in China weiter eine bedeutende Rolle spielen).
Das wären immer noch gut 40 Prozent Wachstum, aber eben keine 100 Prozent mehr, und wie der Nio-Finanzvorstand jetzt Bloomberg sagte, herrsche in der Branche inzwischen Konsens, dass es zu viele Auto-Hersteller in China gebe. Er rechne mit einer „tiefen fundamentalen Konsolidierung“, wird der Manager zitiert. Zu der werde es kommen, wenn der aktuelle Preiskrieg überstanden sei. Nio sieht also einige Marken oder Unternehmen verschwinden – aber nicht sich selbst: Man sei zuversichtlich, das eigene Ziel von 250.000 Elektroauto-Verkäufen in 2023 zu erreichen, sagte der Finanzvorstand.
Schon jetzt haben laut Bloomberg Tesla plus mindestens 30 Hersteller ihre Preise in China gesenkt (Nio nur recht mäßig), und weitere Schritte nach unten könnten folgen, jedenfalls von den finanziell stärkeren Anbietern. Tesla habe den Rest des Marktes ins Chaos gestürzt, sagte Jochen Siebert von der deutsch-chinesischen Beratungsfirma JSC Automotive der Agentur – und verfüge anders als andere Hersteller über mehrere Milliarden Dollar, die für weitere Senkungen verwendet werden könnten.
Elektroautos werden attraktiver
Neben Tesla könnte sich auch BYD eine weitere Runde von Reduzierungen leisten, vermuten laut dem Bericht Analysten von Morgan Stanley. Der Preiskrieg sei schneller und schwerer gekommen als erwartet und werde deutliche Veränderungen auf dem Markt beschleunigen, erklärten sie ähnlich wie der Nio-Finanzchef. Dem chinesischen Startup-Trio Nio, Xpeng und Li Auto traut die Bank zumindest zu, die nächsten 18 Monaten ohne neues externes Kapital auszukommen. Unter Druck kämen unterdessen auch traditionelle Hersteller, weil Elektroautos durch die sinkenden Preise im Vergleich zu Verbrennern noch attraktiver würden.