Das Supercharger-Netz von Tesla erschließt unter anderem Europa von Süden bis Norden sowie Amerika von Osten nach Westen, wie kurz nacheinander problemlose Cannonball-Fahrten über mehrere tausend Kilometer auf den beiden Kontinenten gezeigt haben. Seit kurzem berührt es darüber hinaus auch Afrika: Anfang Oktober eröffnete Tesla seine ersten zwei Supercharger-Standorte auf dem Kontinent, beide in Marokko. Den südlicheren davon in der aus dem gleichnamigen Film bekannten Stadt Casablanca haben wir jetzt besucht.
Flugzeug zum Supercharger in Afrika
Zugegeben: Unser Reporter ist mit dem Flugzeug nach Casablanca gereist, weil er dort einige Jobs zu erledigen hatte. Sein eigenes Model 3 blieb derweil bei McParking in Berlin an einer Ladestation dauerhaft angeschlossen (für 20 Euro Zusatzgebühr bei leerem Akku ein guter Deal). Die Stadt in Marokko zeigt sich auf den ersten Blick extrem westlich. Starbucks, McDonalds, Bars und Kneipen an jeder Ecke. Tiefer Glaube, aber wenig Einfluss auf das offene Leben machen sie zu einem guten Startpunkt für Reisen durch das Land. Unzählige Hotels bieten besten Service – und jetzt den ersten Tesla-Supercharger.
Er liegt im unmittelbaren Stadtzentrum im Parkhaus des Hotels Oromo. Die Einfahrt ist per Navigation schnell gefunden – im Parkhaus selbst beginnt die Sucherei, weil nichts ausgeschildert ist. Wer die Tesla-Station einmal gefunden hat, wird sie auch in Zukunft schnell und sicher ausfindig machen. Und wie sieht sie aus? Ganz normal. Vier Stalls, V2-Charger, sauber, aufgeräumt und vollkommen intakt. Aber leer.
Wir wollten wissen, wie es sich mit einem Tesla in der nordafrikanischen Millionen-Metropole fährt und lädt, also warteten wir auf den ersten mit Strombedarf. Dabei leistete uns Yussuf Mohammed Gesellschaft. Der gebürtige Marokkaner arbeitet als Wachmann. Mit Händen und Füßen unterhielten wir uns. Yussuf arbeitet schon lange für das Hotel – und ist seit der Installation des Supercharger für diesen verantwortlich. Nicht rund um die Uhr, weil es einen weiteren Wachmann gibt, aber immer zur Tageszeit. Ein angenehmer Zeitgenosse, der uns während unseres Wartens erzählte, dass er aufzupassen habe, dass kein Verbrenner den Supercharger blockiert.
Yussuf erzählte auch, wie viele Tesla-Fahrer pro Woche ihr Fahrzeug an diesem Supercharger laden: maximal einer. Auch deswegen warteten wir vergebens auf einen Besitzer, um mit ihm über Elektroauto-Fahren in Afrika reden zu können. Niemand erschien. Wir blieben insgesamt drei Stunden, tranken Tee, aßen Oliven und Datteln und hatten Spaß mit Yussuf. Er lud uns sogar zu sich nach Hause ein, was wir leider aufgrund des folgenden engen Terminplans nicht annehmen konnten. Zweimal schritt Yussuf ein und schickte Verbrenner höflich auf einen anderen Stellplatz, sodass der ungenutzte Supercharger nicht blockiert wurde.
Tesla als Oberklasse, Musk-Begeisterung
Nach langer Warterei begaben wir uns in die Lobby des Hotels. Man sprach gutes Englisch, reagierte aber verwundert auf die Frage nach dem Tesla-Supercharger im eigenen Parkhaus. Der erste Mitarbeiter kannte ihn nicht, holte aber seinen Chef, der zumindest die richtige Parkebene nennen konnte. Ansonsten wusste er genau wie Yussuf nicht viel zu berichten.
Aber er wollte alles über uns wissen. Für wen wir schreiben und warum uns das alles interessiert. Darin klang kein Misstrauen, sondern großes Interesse für Elektromobilität mit. Der Manager erzählte uns, dass es schwierig sei, einen Tesla in Marokko zu kaufen. Auch deswegen gehöre die Marke dort zu den absoluten Oberklasse-Fahrzeugen. Als wir ihm erzählten, dass ein Model 3 in Deutschland ungefähr so viel wie ein gut ausgestatteter VW Golf kostet, wollte er uns das nicht glauben. Zum Abschluss begleitete er uns zum Fahrstuhl und fragte schüchtern, ob wir eigentlich Elon Musk persönlich kennen würden? Wir verneinten, woraufhin er Musk wild lobte und erklärte, er finde ihn wunderbar und empfinde ihn als absoluten Visionär. „Great man!“ waren seine letzten Worte zum Abschied.
Während unseres Aufenthaltes in Marokko sahen wir übrigens dann doch noch einen Tesla – ein Model 3 in Casablanca, wenn auch nicht beim Laden. Noch fristet der Supercharger in der Stadt mit dem klangvollen Namen in Afrika also ein ziemliches Schattendasein – aber immerhin passen Yussuf und sein Kollege gut auf ihn auf.