Die britische Autoindustrie hat ihre Blütezeit vorerst hinter sich – ihre großen Marken wie vor allem Jaguar gibt es zwar noch, befinden sich jedoch längst im Besitz ausländischer Unternehmen. Das gilt auch für MG, das als Teil der MG Rover Group bis 2005 zum letzten wirklich einheimischen Autokonzern gehörte. Inzwischen ist die Marke eine Tochter von SAIC aus China und verkaufte seine Fahrzeuge bislang hauptsächlich dort und in Großbritannien. Jetzt aber kündigte MG eine Offensive in Kontinental-Europa an – und will dort unter anderem mit dem ersten bezahlbaren Kombi-Elektroauto punkten.
Kombi-Elektroauto ohne Tesla-Chic
Fast alle Elektroauto-Hersteller bedienen bevorzugt das gefragte SUV- oder Crossover-Segment; Tesla zum Beispiel geht davon aus, mit dem Model Y noch mehr Marktanteile gewinnen zu können als mit dem flacheren Model 3. Daneben gibt es sportliche Elektroautos wie das Tesla Model S oder den Porsche Taycan in höheren Klassen. Ein echter Kombi aber war bislang nicht im Angebot. Porsche erinnerte zwar vor kurzem an seinen geplanten Taycan mit mehr Kofferraum, der einen gewissen Kombi-Charakter hat. Doch das Elektroauto wird erstens viel klangvoller als Cross Turismo bezeichnet und dürfte zweitens für normale Kunden viel zu teuer sein.
Insofern ist nicht mit Widerspruch von Porsche auf die Ankündigung von MG in dieser Woche zu rechnen, mit dem MG5 den „ersten rein elektrischen Kombi der Welt“ auf den Markt zu bringen. Auf europäischen Märkten, zu denen seit Anfang dieses Jahres auch Deutschland gehört, soll das Modell ab diesem Oktober angeboten werden.
Vom gewohnten Tesla-Chic ist beim MG5 nichts zu bemerken. Er sieht aus, wie ein Kombi eben aussieht, bietet dafür aber auf 4,54 Metern Länge mit 578 Litern mehr Kofferraum-Volumen als das Model 3 einschließlich Frunk. Auch für Dach- und kleinere Zuglasten ist das neue MG-Elektroauto ausgelegt. Die Akku-Kapazität wird nicht genannt, die WLTP-Reichweite aber mit geschätzt mehr als 400 Kilometern angegeben. Aufladen bis 80 Prozent soll innerhalb von 30 Minuten möglich sein und der Motor bis zu 135 Kilowatt leisten.
Einen Preis nannte MG jetzt nicht. Doch das in Deutschland bereits bestellbare und ebenfalls rein elektrische Kompakt-SUV ZS EV dürfte die Richtung vorgeben – und es steht ab knapp 32.000 Euro vor Prämien im Konfigurator, also für gut 11.000 Euro weniger als beim Tesla Model 3. Für dieses Modell hatte MG im Februar die erste deutsche Auslieferung gemeldet. Für einen Eintrag in der KBA-Zulassungsstatistik für den Monat reichte das Volumen aber offenbar noch nicht – MG ist darin nicht zu finden.
MG Marvel R mit drei Motoren ab Mai
Mit dem neuen Kombi-Elektroauto zusammen mit der von MG angekündigten Vergrößerung des Verkaufs- und Reparaturnetzes in Deutschland könnte sich das ändern. Zudem präsentierte das Unternehmen jetzt noch ein weiteres neues E-Modell: den als „Hightech-Lifestyle-SUV“ bezeichneten Marvel R Electric, der schon im Mai nach Europa kommen soll.
Für Reichweite und Laden nennt MG dieselben Daten wie für den Kombi (und ebenfalls keinen Preis), vielleicht wegen des Formats wirkt dieses Elektroauto aber moderner. Innen hat es einen im Hochformat eingebauten Mittel-Touchscreen, der mit 19 Zoll größer ist als in Tesla Model S und Model X. Und der Marvel R Electric nutzt nach den Angaben dazu ein Antriebssystem mit zwei Motoren an der Hinterachse und einem an der Vorderachse, wie es Tesla vor kurzem als „Plaid“-Option für seine aufgefrischten Model S und Model X angekündigt hat.