In der Zeit von Anfang Juli 2021 bis Mitte Mai 2022 hat es in den USA 273 Unfälle gegeben, an denen ein Tesla mit bis zu 30 Sekunden davor aktiven Autopilot-Funktionen beteiligt war. Das meldete am Mittwoch die Verkehrsbehörde NHTSA, und es waren die ersten Daten dieser Art von einer unabhängigen Stelle. So viele Unfälle mit Assistenz-Systemen gab es bei einer keiner anderen Marke, doch die NHTSA wies selbst darauf hin, dass die Daten keine Vergleiche zulassen, ohne allerdings den Namen Tesla zu erwähnen. Das übernahm aber kurz darauf das National Transportation Safety Board (NTSB), dessen Aufgaben sich mit denen der NHTSA überschneiden.
Hohe Zahl von Autopilot-Unfällen relativiert
Auf den allerersten Blick scheinen die NHTSA-Daten ein erhöhtes Risiko beim Fahren mit dem Autopilot-System zu zeigen: Die 273 Tesla-Unfälle innerhalb von zehneinhalb Monaten waren mehr als dreimal so viele wie bei Honda als der Marke mit der zweithöchsten Zahl. Immer noch zehn Unfälle mit möglicher Assistenz-Beteiligung meldete Subaru, bei allen anderen Herstellern waren sie einstellig. Dabei fehlt aber wichtiger Kontext, wie die NHTSA einräumte: Weder die Zahl der Fahrzeuge jeder Marke wurde erfasst noch ihre Fahrleistung, sodass man keine Aussagen über die relative Häufigkeit machen kann.
Hinzu kommt laut NHTSA, dass manche Hersteller früher Kenntnis von Unfällen mit ihren Autos erhalten, weil Telemetrie-Systeme sie darüber informieren. Andere dagegen würden, wenn überhaupt, erst verspätet durch Rückmeldungen von Kunden davon erfahren. Im vergangenen Juni führte die Behörde ihre Meldepflicht für Unfälle ein, bei denen bis zu 30 Sekunden vorher ein Assistenz-System aktiviert war – aber die Hersteller können und müssen natürlich nur melden, was sie wissen.
Neben mehr Fahrzeugen und höherer Fahrleistung könnte das einer der Punkte sein, der das Ergebnis der ersten Statistik zu Ungunsten von Tesla verfälschte. Die NHTSA erwähnte die Marke in diesem Zusammenhang allerdings nicht explizit. Das übernahm dann aber einige Stunden später das NTSB, eine Art Schwester-Behörde, die von der NHTSA zuvor mehr Strenge in Autopilot-Fragen verlangt hatte: In einer Pressemitteilung erklärte ihre Vorsitzende, Tesla beispielsweise sammle große Mengen hochwertiger Daten, was dazu führen könne, dass die Marke in der NHTSA-Statistik überrepräsentiert sei.
NTSB: Tesla nicht für Daten bestrafen
Die veröffentlichten Daten seien ein guter Anfang, heißt es in der Mitteilung der NTSB, aber ebenfalls explizit, dass sie keine Vergleiche „von Äpfeln mit Äpfeln“ zuließen. Auf der aktuellen Basis sei es für Experten wie Laien schwierig zu verstehen, was eigentlich gemeldet wurde. Auf keinen Fall aber sollten Hersteller bestraft werden, die robuste Sicherheitsdaten sammeln. Gebraucht würden Daten, die wirklich erkennen lassen, wo Verbesserungen erforderlich sind. Schon nach dem ersten tödlichen Unfall mit Assistenten-Beteiligung im Jahr 2016 (ein Tesla Model S hatte einen querenden Lastwagen gerammt) habe man der NHTSA empfohlen, standardisierte Daten zu solchen Vorkommnissen zu erheben, schreibt die NTSB. Nachdem die Schwester-Behörde jetzt immerhin einige Daten sammle, solle sie im nächsten Schritt dieser Empfehlung folgen.