Mit dem Lucid Air hat der frühere Chefingenieur für das Tesla Model S vor kurzem ein Elektroauto vorgestellt, das seinem eigenen Vorbild erstmals wirklich das Wasser reichen kann und zum Teil sogar mehr. Die für 2022 angekündigte Basis-Version für knapp 70.000 Dollar (nach Abzug der US-Kaufprämie für neue Hersteller) wertete Tesla-CEO Elon Musk denn auch als Provokation und senkte den Preis für sein Model S binnen Stunden knapp darunter. Peter Rawlinson selbst, der 2008 von Lotus zu Tesla kam und dann 2013 als CEO zu Lucid wechselte, sieht sich nach eigener Darstellung allerdings eher als Partner seines früheren Arbeitgebers und die eigentlichen Konkurrenten im Verbrenner-Lager.
„Haben es auf S-Klasse abgesehen“
Er könne verstehen, dass Lucid oft mit Tesla verglichen werde, und akzeptiere das, erklärte Rawlinson jetzt in einem Video-Interview bei Yahoo. Die wichtigste Konkurrenz für sein neues Luxus-Elektroauto Air sehe er aber ganz woanders, nämlich bei traditionellen Auto-Unternehmen. „Ich würde hier Mercedes-Benz hervorheben“, sagte Rawlinson britisch-höflich. Doch dann wurde er deutlicher: Gemessen an den Merkmalen des luxuriösen Air „haben wir es auf die S-Klasse abgesehen“, fuhrt er fort.
Mit einer Reichweite von mehr als 800 Kilometern nach der US-Norm EPA sind die Top-Varianten des Lucid Air schon deshalb luxuriös, weil man mit ihnen auf Langstrecken eher laden kann, wo man möchte (wenn man es überhaupt muss). Tesla hat mit noch etwas mehr Reichweite beim neuen Model S Plaid auch hier nachgezogen, aber es soll erst Ende 2021 kommen, also später als der Lucid. Stärker als Tesla aber setzt Lucid auch sonst auf luxuriöse Merkmale – die Dream Edition kostet mit 169.000 Dollar allerdings auch deutlich mehr als alle Teslas.
Lucid-Mission fast wie bei Tesla
Aber wie Rawlinson jetzt noch einmal deutlich machte, sieht er Tesla nicht als Konkurrenz – und eigentlich auch nicht die Elektroautos von traditionellen Herstellern. Denn die seien bei einer entscheidenden Kennzahl immer noch nicht einmal in der Nähe von Tesla und Lucid: bei der Effizienz, also bei den Meilen pro geladener Kilowattstunde Strom. Selbst Volkswagen mit seinem soeben in den USA gestarteten ID.4 komme mit jeder Kilowattstunde nur etwas mehr als 3 Meilen weit, während Lucid mit 4,5 Meilen sogar noch vor Tesla liege.
Die traditionellen Hersteller kämen mit ihren Elektroautos schlicht nicht schnell genug voran, und das sei enttäuschend, sagte Rawlinson weiter. Nach seinen Worten ist die Mission von Lucid sogar fast identisch mit der seines früheren Arbeitgebers Tesla: „Wir wollen das Technologie-Rennen für eine weitere Verbreitung von nachhaltiger Mobilität beschleunigen“, erklärte er. Tesla könne das nicht alles alleine schaffen. Genau wie der Elektroauto-Pionier wolle auch Lucid nach und nach niedrigere Preisregionen erschließen und Kern-Komponenten selbst entwickeln und produzieren – später sogar eigene Batterie-Zellen.