Bild: Tesla (Archiv)
Ist Tesla ein Auto-Hersteller oder ein Technologie-Unternehmen? Diese dem ersten Anschein nach akademische Frage hat zumindest größte Bedeutung für die Tesla-Aktie – aus dem so einfachen wie zweifelhaften Grund, dass für beide Sektoren bei großen Finanzhäusern meist unterschiedliche Analysten zuständig. Dem Technologie-Sektor wird dabei allgemein mehr Wachstum zugetraut. Tesla aber wurde bislang meist dem langsameren Auto-Sektor zugeschlagen, was dazu führt, dass die Aktie von den meisten Analysten trotz bester Aussichten für das Unternehmen selbst seit langem als zu teuer angesehen wird. Jetzt aber legt eine US-Investmentbank den Fokus auf das Software-Geschäft von Tesla – und sieht dadurch noch weitaus höhere Kurse gerechtfertigt.
„Tesla kurzfristig nicht einzuholen“
An der Börse legte Tesla am Dienstag nach einem wilden Montag mit Schwankungen um mehr als 15 Prozent und einem kleinen Verlust zum Handelsschluss bei 1516 Dollar. Die Analysten von Piper Sandler aber sagen der Aktie auf Sicht von 12 Monaten jetzt Potenzial bis 2322 Dollar voraus – noch einmal gut 50 Prozent über dem aktuellen Niveau von Tesla. Damit hat laut der Finanzagentur Bloomberg keine größere Bank ein höheres Tesla-Kursziel als Piper, wie schon in diesem April, als die Bank ihre Prognose auf 939 Dollar erhöhte.
Interessant ist die Analyse hinter dem neuen Ziel, von der eine Zusammenfassung auf Twitter veröffentlicht wurde. Kurzfristig begründet die Bank ihren Tesla-Optimismus damit, dass kaum zu erkennen sei, wie Konkurrenten den Elektroauto-Pionier einholen sollten. Nach den überraschend robusten Auslieferungen von Tesla im zweiten Quartal 2020 erhöhte Piper die eigene Prognose für die Verkäufe im Gesamtjahr und bezeichnete das Tesla-Ziel von insgesamt 500.000 Elektroautos als noch machbar – was wegen der Coronavirus-Störungen „beeindruckend“ sei.
* PIPER SANDLER RAISES PT ON TESLA TO $2,322$TSLA pic.twitter.com/Eoh3bJCEl8
— David Tayar (@davidtayar5) July 13, 2020
Im Jahr 2025 sieht die Bank dann schon fast vier Millionen Tesla-Auslieferungen, wobei sie einräumt, dass es mit Blick auf Tempo und Ausmaß des Kapazitätsausbaus Unsicherheiten gebe. Aber der allgemeine Aufwärtstrend erscheine sicher. Mehr Informationen auch dazu werde es wohl bei Teslas Batterie-Infotag mit dem jetzt festen Termin am 22. September geben.
Entscheidend für die möglichen hohen Margen bei Tesla sei aber der Software-Aspekt in seinem Elektroauto-Geschäft. Darauf beruhe auch zu großen Telen das jetzt deutlich erhöhte Kursziel, schreibt Piper Sandler laut den Auszügen aus der Studie. Aus einem überarbeiteten Modell gehe hervor, dass Tesla gegen Ende des Prognose-Zeitraums von 20 Jahren selbst dann noch operative Margen im mittleren 20-Prozent-Bereich verdienen könne, wenn sich weniger als jeder zweite Käufer für die Autonomie-Option FSD entscheide.
40.000 Dollar für Teslas FSD-Option?
Den Preis für FSD sieht die Bank im Übrigen rapide steigen – auf letztlich bis zu 40.000 Dollar, also das Fünffache von heute (in der Studie scheint der aktuelle US-Preis falsch mit 9000 Dollar statt nach der Erhöhung von Anfang Juli korrekt 8000 Dollar angegeben zu sein). Und weil FSD nichts als Software-Updates erfordert, könne Tesla damit auch die in diesem Geschäft üblichen hohen Gewinnmargen von 90 Prozent erzielen. Ab den 2030er Jahren wäre laut Piper deshalb sogar denkbar, dass Tesla seine Elektroautos zu den eigenen Produktionskosten oder auch darunter anbietet, weil der darauf aufbauende Software-Verkauf insgesamt trotzdem höhere Gewinne ermögliche.