Der Hobby-Rennfahrer Misha Charoudin, der nach einem Test auf dem Nürburgring vor kurzem gefährliche Instabilität des Model S Plaid beim Beschleunigen kritisierte, ist nach eigenen Angaben keineswegs ein Tesla-Hasser – aber trotzdem sät er Zweifel an dem Nordschleifen-Rekord, den das Unternehmen am Samstag mit diesem Elektroauto meldete. In einem Instagram-Beitrag nach der Tesla-Meldung wiederholte er, dass die serienmäßige Federung des Model S Plaid „schrecklich“ sei, und schrieb teslamag.de auf Nachfrage, „definitiv“ sei sie bei der Rekord-Fahrt nicht genutzt worden. Außerdem soll die Tesla-Bestzeit ohnehin schon von einem anderen Serien-Elektroauto geschlagen worden sein.
Tesla laut Ring-Betreiber regelkonform
Zunächst einmal ist dazu festzuhalten, dass der bislang nur von Tesla gemeldete Nordschleifen-Rekord für serienmäßige Elektroautos tatsächlich offiziellen Charakter hat. Das stand zwar auch am Dienstag noch nicht als Meldung auf der Nürburgring-Seite, aber der Sprecher der Betreiber-Gesellschaft bestätigte es auf telefonische Nachfrage; zudem ist unter der Rubrik Rekordzeiten für „Elektro (Serie)“ zumindest das Video von der Plaid-Fahrt zu sehen. Nachdem ein Model S Plaid im September 2021 eine offizielle Nordschleifen-Bestzeit gefahren war und Porsche sie knapp ein Jahr später mit einem Taycan Turbo S unterbot, hat also jetzt wieder Tesla die Nase vorn.
Zu der Behauptung von Charoudin, das verwendete Model S sei nicht im Serienzustand gewesen, sagte der Nürburgring-Sprecher, das sei überprüft worden. Eine vorherige Abnahme durch den TÜV stelle in dieser Klasse sicher, dass das jeweilige Fahrzeug der Serie entspricht und dass es für den Straßenverkehr zulassungsfähig ist, und die Organisation nehme diese Prüfungen sehr genau. Konkret zu den Reifen an dem Rekord-Tesla sagte der Sprecher, ein E-Prüfzeichen darauf belege, dass sie für den Straßenverkehr zugelassen und damit auch für die Serienklasse regelkonform seien.
Die von Charoudin angezweifelte Rekordzeit dürfte also Bestand haben. Zusätzlich schrieb der YouTuber auf Instagram aber, ohnehin sei sie schon wieder gebrochen. Bekannt gegeben werde das wahrscheinlich bald „am 75. Geburtstag von jemandem/etwas“. Damit ist offensichtlich Porsche gemeint, das an diesem Donnerstag den 75. Jahrestag der Zulassung des 356 als dem ersten Sportwagen des Unternehmens feiert. Tatsächlich wurden auf dem Nürburgring bereits Exemplare des Taycan mit auffälligem Heckflügel gesehen. Nach Gerüchten handelt es sich dabei um eine kommende GT-Version des Porsche-Elektroautos mit 1000 PS, also in der Nähe des Plaid-Tesla.
Neuer Porsche-Rekord mit Taycan erwartet
Theoretisch wäre denkbar, dass Porsche einen bereits gefahrenen Nordschleifen-Rekord bis später in dieser Woche zurückhält, um ein besonderes Highlight für den Jahrestag bieten zu können. Der Nürburgring-Sprecher versicherte allerdings, ihm sei nichts dergleichen bekannt, und normalerweise werde er zumindest eine Woche vorher in die Kommunikationsplanung einbezogen.
Auch ein regelmäßiger Ring-Besucher mit guten Kontakten sagte teslamag.de, Porsche habe einen Nordschleifen-Rekord mit dem Taycan Turbo GT zwar versucht, sei aber nicht zufrieden mit dem Ergebnis gewesen. Schon seit vergangenem Jahr seien Prototypen für ein Facelift des deutschen Elektroautos auf der Strecke zu sehen. Die neue GT-Version zeichne sich dabei durch den Heckspoiler und weitere aerodynamische Verbesserungen aus (s. Foto oben), die den Taycan gewiss wieder schneller machen würden als das Model S Plaid selbst mit Track-Paket. Noch scheint der Tesla-Rekord also zu stehen. Doch laut dem Beobachter hat Porsche bereits weitere Termine auf der Nordschleife gebucht, und bis zum nächsten Rekord sei es nur eine Frage der Zeit.