Zwei negative Nachrichten aus der Vorwoche überschatteten in dieser Woche die positive Geschäftsentwicklung im ersten Quartal, über die Tesla am Montag informierte – und bei beiden sieht es zunehmend so aus, als stünde weniger dahinter als zunächst befürchtet. Am Samstag vor zwei Wochen verunglückten zwei Männer in Texas in einem Tesla Model S, und weil keiner der beiden am Steuer vorgefunden wurde, geriet das Autopilot-System unter Verdacht und in die Kritik. Daten und Tests sprechen bislang jedoch gegen die Autopilot-Vermutung, wie Tesla am Montag berichtete. Und zu einem Messe-Protest in China, der Sorgen um seine Zukunft in dem Land geweckt hatte, gab das Unternehmen jetzt ausführliche Hintergrund-Informationen.
Crash-Informationen sprechen gegen Autopilot
Die behördliche Untersuchung des tödlichen Unfalls in Texas dauert an, aber bislang gilt die Aussage von CEO Elon Musk, dass das Autopilot-System dabei nach ersten Daten nicht aktiviert war. Dazu ergänzte in der Telefonkonferenz am Montag ein Tesla-Manager, Tests hätten bestätigt, dass sich die Autopilot-Funktion Autosteer auf der fraglichen Straße nicht einschalten lasse. Zudem spreche eine Verformung des Lenkrads dafür, dass bei dem Crash doch jemand am Steuer gesessen habe. Ein Twitter-Nutzer behauptete am Freitag sogar, es liege Video-Material vor, das zeige, wie ein Fahrer in das Model S gestiegen und dann mit hoher Geschwindigkeit losgefahren war.
Auch der Auslöser für den Protest auf der Messe Auto Shanghai 2021 zwei Tage später war ein Unfall, allerdings ein deutlich weniger gravierender und weiter zurückliegender, wie sich anschließend herausstellte. Nach vielen Medien-Berichten über die Frau, die vor vielen Schaulustigen auf das Dach eines Model 3 auf dem Tesla-Stand gestiegen war und über ihre angeblich versagenden Bremsen schimpfte, reagierte Tesla für die öffentliche Wahrnehmung zunächst unangemessen und musste sich dann entschuldigen. Jetzt aber wurden ausführliche Informationen über den Unfall und das anschließende Verhalten der Frau veröffentlicht; selbst eine Einigung scheint demnach wieder möglich zu sein.
Tesla informiert über China-Proteste
Seine ausführliche Stellungnahme veröffentlichte Tesla am späten Donnerstag in dem chinesischen Twitter-Pendant Weibo. Begonnen hat der Streit mit der Frau demnach nach einem Unfall Ende Februar, bei dem ihr Vater am Steuer ihres Model 3 saß. Laut Tesla stellte die Polizei fest, dass der Fahrer die volle Verantwortung für das Auffahren auf ein anderes Auto trug, weil er zu wenig Abstand gehalten hatte. Im Bremssystem des Model 3 habe es keine Anomalie gegeben, informierte das Unternehmen jetzt zusätzlich.
Das klingt nach einem klaren Fall, doch nach der Tesla-Darstellung ging die Kundin sofort danach in den Angriffsmodus. Zunächst stritt sie nur mit dem Unternehmen und verbot ihm, auf das Model 3 zuzugreifen. Den Daten, die sie nach einer Woche von Tesla bekam, traute sie nicht. Anfang März ließ sie das beschädigte Auto dann vor eine Tesla-Filiale schleppen. In dem Geschäft soll sie ein Transparent mit der Aufschrift „Bremsfehler“ an einem anderen Model 3 befestigt und „lautstark negative Kommentare“ verbreitet haben, bis sie von Polizeibeamten davon abgehalten worden sei. Seitdem hätten die Frau und ihr Ehemann mehrmals Angebote ausgeschlagen, den Unfall-Wagen auf Tesla-Kosten von neutralen Sachverständigen überprüfen zu lassen. Das Ergebnis einer Vermittlung mit einer Behörde habe sie erst akzeptiert und dann nachträglich widerrufen.
Kundin besprühte Model 3 bei Tesla
Eine Woche später, so berichtet Tesla weiter, kam die Frau erneut in die Filiale – und sprühte ihre Brems-Vorwürfe dieses Mal sogar mit roter Farbe auf die Karosserie eines der ausgestellten Elektroautos. Und bereits vor dem großen Messe-Auftritt am 19. April habe sie zweimal mit Plakaten, Lautsprechern und ihrem Tesla auch öffentlich protestiert, einmal bei einer kleineren Auto-Ausstellung und einmal in einem Logistik-Park.
Diese gesamte Vorgeschichte war so zusammenhängend bislang nicht bekannt und lässt die unzufriedene Kundin in einem fragwürdigen Licht erscheinen. Mit der Andeutung, sie könne im Auftrag anderer Personen oder Unternehmen handeln, schoss Teslas China-VP Grace Tao kurz nach dem Vorfall allerdings zunächst ein Eigentor. Auf die Aussage folgten viele wütende Kommentare auch in staatlichen Medien, die Tesla vorwarfen, chinesische Kunden und Vorschriften nicht zu respektieren. Nach einer Entschuldigung dafür geht Tesla mit der langen Weibo-Stellungnahme jetzt offenbar in die Info-Offensive. Gleichzeitig ließ die Unfall-Kundin nach ihrer Rückkehr aus fünf Tagen Polizei-Gewahrsam in Shanghai laut dem langen Beitrag wissen, wenn Tesla die richtige Einstellung zeige, sei sie zu direkter Kommunikation bereit.