Den Feuerwehrleuten, die Mitte April zu einem brennenden Auto in Spring im US-Bundesstaat Texas gerufen wurden, muss sich ein schrecklicher Anblick geboten haben – und zudem ein verwirrender: In dem Tesla Model S Performance fanden sie zwei Personen vor, aber keine davon auf dem Fahrersitz. So kamen schnell Spekulationen auf, das Autopilot-System von Tesla habe die beiden Männer in den Tod gefahren. Denen trat das Unternehmen sofort entgegen, und die US-Behörde NTSB bestätigte, dass auf der Wohnstraße ohne Linien keine Autopilot-Nutzung möglich war. Jetzt hat sie auch den Daten-Rekorder aus dem Tesla ausgewertet, der ansatzweise zeigt, was wirklich passiert ist.
Model S bis zu 108 km/h schnell
Das National Transportation Safety Board ist in den USA für die Untersuchung vor allem von Flugzeug-Unfällen zuständig, kann sich aber auch mit anderen wichtigen Fragen der Verkehrssicherheit beschäftigen. Im Mai veröffentlichte die Behörde erste Erkenntnisse zu dem Unfall mit zwei Toten, bei dem das Model S in einer Linkskurve von der Straße abkam, einen Baum rammte und zu brennen begann. Tests hätten gezeigt, dass die Autopilot-Teilfunktion Autosteer auf der Unfall-Straße (s. Foto oben) nicht aktivierbar war, berichtete das NTSB. Außerdem war das Lenkrad des Tesla durch einen Aufprall verformt.
Damit war die Autopilot-Spekulation im Prinzip schon amtlich widerlegt, aber es fehlten offizielle Informationen über das tatsächliche Geschehen an dem Samstagabend in Texas. Die hat das NTSB in einem Update am Donnerstag teilweise nachgereicht. Und darin bestätigt sich der Anschein, dass ein ganz normaler menschlicher Fehler die Ursache für den tödlichen Unfall mit dem Model S war: Nach Daten aus dem Crash-Rekorder in dem Tesla, die inzwischen rekonstruiert werden konnten, waren unmittelbar vorher beide vorderen Plätze mit geschlossenem Gurt besetzt und das Strom-Pedal war mit 98,8 Prozent beinahe maximal getreten.
In den 5 Sekunden vor dem Aufprall wurde laut NTSB als höchste Geschwindigkeit 108 km/h registriert. Die zulässige Höchstgeschwindigkeit in dem Viertel betrage 30 Meilen pro Stunde, also gut 48 km/h. Nach früheren Berichten haben Autopsien bei den Getöteten einen Blutalkohol-Wert von 1,5 Promille beim Fahrer und von 0,75 Promille beim Beifahrer ergeben. Nach einem Abendessen mit ihren Ehefrauen sollen die beiden Freunde zusammen noch einmal auf Tesla-Fahrt gegangen seien. Diese Informationen erwähnt das NTSB in seinem Update nicht, weist aber darauf hin, dass noch ein Video von einer Sicherheitskamera analysiert werde, das den Anfang der Fahrt zeige.
Autopilot-Entlastung für Tesla
Außerdem erklärt die Behörde, jegliche Schlussfolgerungen und Feststellungen zur wahrscheinlichen Unfall-Ursache müssten bis zum Abschluss-Bericht warten. Aus den bislang vorliegenden Informationen sollten keine Schlüsse gezogen werden, und sie könnten sich auch noch verändern. Dennoch kann die Autopilot-Idee jetzt wohl endgültig zu den Akten gelegt werden. Für Tesla kommt diese halboffizielle Entlastung zu einer günstigen Zeit, denn parallel untersucht die mächtigere Schwester-Behörde NHTSA eine ganze Reihe von Unfällen, bei denen Teslas mit eingeschaltetem Autopilot stehende Einsatz-Fahrzeuge rammten. Zudem will sie eine ausgewiesene Kritikerin des Autopilot-Systems zu einer Sicherheitsberaterin machen.